National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0029 Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2
Postancient Buddhist Culture in Central Asia : vol.2
Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2 / Page 29 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000040
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

In diesem Raum fanden wir im Lößstaub, nahe der Treppe, und ungefähr einen Fuß oberhalb des Fußbodens, ein zusammengedrücktes, ziemlich umfangreiches Bündel nur manichäischer Manuskripte, in z. T. soghdischer, zum größeren Teil aber mitteltürkischer Sprache. Die meisten dieser Handschriften waren in soghdischer und spätsoghdischer (uigurischer), einige in manichäischer Schrift geschrieben. Unter anderem wurden hier aufgefunden die manichäisch geschriebenen Bruchstücke des Chuastuanift (Sündenbekenntnis der manichäischen auditores),1 das Bruchstück vom zärosc burzan,2 zwei Bruchstücke der Barlaam- und Josaphat-Legende,3kosmogonischeFragmente,4der polychrome Colophon,' dieHymnen,'sowie das auf Taf. 8, a u. b, Abb. b wiedergegebene Miniaturfragment, die alle sich in dem erwähnten Bündel befanden. Dieses Bündel scheint in den Raum hineingeworfen worden zu sein zu einer Zeit, als dieser, schon unbenutzt, auf seinem Boden bereits eine einen Fuß mächtige Schicht Lößstaub angesammelt hatte. Freilich kann eine solche Ansammlung bei den ungemein heftigen Staubstürmen, die in den Monaten März bis Mai die Turfaner Oase täglich heimzusuchen pflegen, in sehr kurzer Zeit entstehen.

Die Gebäude auf den Lößhöhen im Osten des Rechtecks waren durch schuttabfahrende Bauern so stark zerstört, daß wir es aufgaben, einen Plan davon aufzunehmen. Nur eine Gebäudegruppe war diesen Zerstörern entgangen, nämlich der „BIBLIOTHEK-KOMPLEX" südöstlich von der nördlichen Anlage. Die für uns wichtigsten Räume dieser Gruppe waren wiederum ein Kuppelraum, die „Bibliothek", und der östlich daran angrenzende lange schmale Gang, den wir als den „Gang neben der Bibliothek" bezeichnen. Der letztere, früher wohl ein Tonnengewölbe, war von oben bis unten mit Schutt und Ziegeln erfüllt, und inmitten dieser Schuttmassen, also nicht auf dem Boden des Ganges, fand sich eine große Anzahl von Fragmenten manichäischer Seidenbilder, Stoffresten und Manuskripten. Sämtliche manichäischen Tempelfahnen (cf. Chotscho, Tafel 3) unserer Sammlung entstammen diesem Fundort, aber auch der Buchdeckel (Taf. 4 Abb. e) und ein kleines Bruchstück eines anderen Buchdeckels, das wir auf S. 17 wiedergegeben haben. Ein hölzerner Löffel mit hübschem Ornament (s. Abb. S. 26) wurde in der Wandnische eines östlich angrenzenden Raumes gefunden.

Interessant ist ferner das auf S. 26 abgebildete Bruchstück eines offenbar manichäischen Seidenbildes aus dieser Fundstelle.' Es ähnelt durchaus den buddhistischen Seidenbildern, die, mit gemusterten Seidenstoffen eingefaßt, sicher als die Vorläufer der chinesischen Tempelbilder und der (japanischen kakemono zu betrachten sind.

Der quadratische Kuppelraum mit den Resten seiner Vorhalle unmittelbar westlich von diesem Gang gelegen, zeigte in der NW- und in der SO-Ecke noch die Zwickelwölbungen. Der Fußboden bestand aus einer etwa 3 cm dicken Schicht gut geglätteten weißen Gipses, ähnlich dem chunam der modernen Inder. Unmittelbar vor dem zerstörten Eingange, auf der Nord-

1 A. v. Le Coq, Chuastuanift, G. Reimer, Berlin 1911.

2 Ders. Ein manich: uigur. Fragment, do. x9o8.

3 Ders. Ein christl. u. ein manich. Manuskriptfragment, dto. 1909 und Tűrk. Manichaica I, dto. 1912, S. 5-7.

4 Ders.Tűrk. Manichaica I, S. x2, 19; Tűrk. Manichaica III, do. 1922, S. 8 u. 37.

6 Tűrk. Manichaica I, S. 23.

Ders. Tűrk. Manichaica II, do. 1919.

7 Es ist ein Bruchstück des rechten Außenrandes eines großen mari. chäischen Seidenbildes, an dem sich noch ein Rest der früheren Umrahmung oder Einfassung, eines verblichenen violetten Seidenstoffes befindet. Dieser Stoff zeigt eine Musterung in weißen Rosetten, die entweder in „batik"- oder in „cunari"-Technik ausgeführt ist.

Die Seide des Bildes ist, wie bei manichäischen Bildern üblich, schön ultramarinblau grundiert; die Darstellung zeigt die Reste zweier übereinander geordneten sitzenden Gottheiten mit Begleitfiguren (knienden Kindern). Darunter erscheint ein Rest der Gruppe der frommen Stifter.

Die obere weißgekleidete Götter- oder Heiligenfigur sitzt auf einer großen Lotusblume, deren Blätter hellrosafarben mit dunkelrosa Schattierungen gemalt sind. Der Rand des Fruchtbodens ist durch eine mit Blattgold bezogene Linie dargestellt. Die Kleiderreste sind weiß und mit scharlachroten Linien conturiert; der Rand des Nimbus besteht aus Blattgold.

Auch die zweite Götterfigur trägt den weißen manichäischen Ornat, doch sieht man, zwischen Nimbus und Oberschenkeln, noch Teile eines dunkelroten Überwurfs.

Die Kopfaureole ist golden mit scharlachroter Umrandung; der darunter erscheinende Teil der Körperaureole ist außen golden, dann folgt, nach innen hin, ein dunkel- und ein hell-blauer, ein dunkel-und ein hellscharlachroter Streifen.

Der wichtigste Teil des Bildes ist das links über die Kopfaureole der zweiten (unteren) Göttergestalt hervorragende Kreuz (vergl. die Vergrößerung oben). Es ist mit Blattgold bedeckt, mit scharlachroten Linien eingefaBt und mit schwarzen Linien gegliedert. Das obere Ende des Längsstammes und beide Enden des Querbalkens sind mit je drei weißen, rot konturierten Perlen besetzt. Die Form des Kreuzes ähnelt der auf dem christlichen Denkmal von Si-ngan-fu eingemeißelten Darstellung. Das Vorkommen des Kreuzsymbols bei den Manichäern scheint durch dieses Bild bewiesen zu sein; es ist zu bedauern, daß seine Bedeutung einstweilen unbekannt geblieben ist.

Der knieende Knabe rechts neben dem Lotusthron der unteren Gottheit ist weiß gekleidet; der Überwurf ist braunrot, der Gürtel orangerot. Dieses Fragment, wie auch das andere kleine Bruchstück mit dem Kopf eines „putto' neben einigen Blättern eines Lotusthrones, dürften an andere, als die ihnen zugewiesenen Stellen des Bildes gehören.

Der unter dem Lotusthron der unteren Göttergestalt links erscheinende Kopf eines männlichen Donatoren trägt die seltsame, pilzförmige Mütze, die wir öfters auf Bildern der Uigurenzeit finden; ihr Unterrand ist mit einem roten Bande umwunden. Das Gewand ist braunrot; nach rechts erscheinen Reste des Kopfschmuckes einer vornehmen Dame.

25