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0031 Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.3
Postancient Buddhist Culture in Central Asia : vol.3
Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.3 / Page 31 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000040
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lichen Kunstübungen aufblickenden Völker Ostturkistans zur Nachahmung hätte veranlassen können. Die Entwicklung geht vielmehr durchaus den andern Weg. Und das ist sehr begreiflich, denn erstens scheinen die Chinesen, obwohl sie große Morallehrer hervorgebracht haben, mehr den Römern als den Hellenen geglichen zu haben : sie waren ein nüchternes praktisches Volk, besonders begabt für Verwaltung, Handel und Krieg, und zweitens kam die buddhistische Religion, die Trägerin der ganzen glänzenden Kunstentfaltung, nicht aus China und dem Osten, sondern aus dem Westen und Indien über die hellenistischen Teile der großen Halbinsel.

Dieser Gang der Entwicklung erklärt, daß viele jener Dinge, die wir in der buddhistischen Kunst Chinas zu bewundern aufgefordert werden, in der Hauptsache spätantike, indisch abgewandelte und mit indischem Geist erfüllte Formen aufweisen.

Den klarsten Beweis für den Verlauf der Entwicklung liefern die „Skulpturen', die durch ihre mechanische Herstellung mittels des Formereiverfahrens nur allmäligen, und dann meist beabsichtigten Veränderungen unterworfen waren. An ganzen Serien von Köpfen kann man die langsam vor sich gehende Veränderung eines hellenistischen Gesichts zu einem ostasiatischen mühelos verfolgen. Bei den Gemälden ist die Aufstellung solcher Serien nicht so leicht, schon weil die aus Papier gefertigten Pausen vergänglicher waren als die Formen. Aber auch in den Gemälden kann man den Ubergängen folgen. Freilich muß man bei dem Studium von Gemälden auch die Skulpturen beachten, und umgekehrt.

Die Zukunft der von den europäischen Forschungsexpeditionen nach Zentralasien' dort zurückgelassenen Altertümer ist äußerst trübe. Dies liegt zum Teil an der Natur der Einwohner, zum Teil an der Natur des Landes.

Die heutigen Einwohner und ihr Verhältnis zu den Altertümern. Das Land wird heute bewohnt von Osttürken (d. h. von einem Mischvolk aus Türken und Tádschik) muhammedanischer Religion unter chinesischer Herrschaft. Diese Osttürken haben jegliche Erinnerung an die große Vergangenheit sowohl ihrer türkischen als auch ihrer iranischen Vorfahren vollkommen eingebüßt. Sie schreiben alle buddhistischen Altertümer ihren früheren Herren, den buddhistischen Dzungaren (galmaq) zu, und betrachten sie mit Abneigung und abergläubischer Scheu. Letztere besonders, mehr als der nur hier und da aufflammende religiöse Fanatismus, veranlaßt sie dazu, alle erreichbaren Bilder und besonders Skulpturen ganz oder teilweise zu zerstören; sie glauben, daß dic Bildcr und Figuren sich des Nachts beleben und alsginn genannte Gespenster Unheil für Menschen, Vieh und Ernten anrichten. Wer wenigstens Augen und Mund der menschlichen Abbilder zerstört, ist gegen diese Gespenster geschützt; aus diesem Grunde ist es nur in an einsamen Orten gelegenen, ganz verschütteten Tempeln gelungen, nicht verstümmelte Abbilder von Göttern und Menschen zu finden. Zu Zeiten religiöser Erregung aber, z. B. in den Tunganenkriegen unter der Herrschaft des Yaqup Bäk (q 1877) sollen an manchen Orten z. B. in Chotscho, planmäßige Zerstörungen angerichtet worden sein. Schon D. Klementz' klagt über die mutwilligen Zerstörungen seitens der eingeborenen Bevölkerung.

Schlimmer selbst als diese Verheerungen sind jene, die aus praktischen Gründen vorgenommen werden. Es gibt an vielen Orten gewerbsmäßige Schatzgräber, die die Ruinen nach Gold, Bronze und besonders auch Bauholz, oft mit Erfolg, durchsuchen. Bei dieser Arbeit aufgefundene Wandgemälde und Statuen werden regelmäßig vernichtet; auch Manuskripte entgehen diesem Schicksal nur, wenn ein russisches oder englisches Konsulat usw. in der Nähe ist, das solche Sachen kaufen könnte. Aber das fleißige Bauemvölkchen hat auch die Erfahrung gemacht, das der alte Loeßschutt in den Tempelruinen, vor allem der Lehmverputz der Wände, auf dem die Bilder aufgemalt sind, ein ausgezeichnetes Düngemittel für ausgesogene Weizen- und Baumwollfelder ist. Deshalb werden an zugänglichen Orten die Tempelwände mit der Hacke ihres Bilderschmuckes beraubt und der Schutt auf den Irrigationsfeldem ausgebreitet. So schreitet, bei der zunehmenden Bevölkerung und der Neubesiedlung verlassener Orte, die Zerstörung durch Menschenhand ungehindert fort.

Denn die chinesischen Beamten, die das Land verwalten, haben sich in den von uns besuchten Gegenden niemals im Geringsten bemüht, diesem Treiben ihrer muhammedanischen Untertanen zu steuern. Sie waren sämtlich Konfuzianer und schauten auf buddhistische Dinge, als zur Religion der geringen Leute gehörig, mit mitleidiger Geringschätzung herab. Freilich änderten sie ihre Haltung sofort, wenn chinesische Inschriftsteine gefunden wurden; für historische Monumente des eigenen Volkes

I Die Reihe der ausländischen Forscher auf diesem Gebiet umfaßt folgende wohlbekannte Namen, D. Klementz, Berezowskij und S. v. Oldenburg, P. Pelliot und besonders Sir Aurel Stein. Auch Japan hat sich um das Studium und die Erhaltung dieser Altertümer verdient gemacht, wir nennen die Namen Otani, Tachibana und Yoshi-

kawa. Die Dankbarkeit erfordert, daß hier auch der Mann erwähnt werde, der die Wege zuerst erschlossen hat, Sven Hedin. a D. Klementz, Nachrichten über die von der Kaiserl. Akad. d. Wiss. zu St. Petersburg im Jahre 1898 ausgerüstete Expedition nach Turfan, St. Petersburg 5899, Anm. S. 4o.

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