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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0035 Alt-Kutscha : vol.1
古代クチャ : vol.1
Alt-Kutscha : vol.1 / 35 ページ(白黒高解像度画像)

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doi: 10.20676/00000192
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die großen Zentren für den Markt- und Handelsbetrieb waren, die Mönche als Gartenfreunde und Obstbaumzüchter; die Klöster inmitten des unruhigsten politischen Lebens fast immer von allen Parteien der Verehrung sicher. Die Fürsten stets auf Kriegszügen, überall gläubig sich unter die Kirche schmiegend; in den Städten die Gelegenheit zum ausgelassensten Lebensgenuß, Hetären in Menge, fahrendes Volk, Musiker, Tänzer u. dgl. Ja eine der seltsamsten Gestalten des Mittelalters eine häufige Erscheinung der Straßen, dank der barbarischen Strafen, der „Schâmeler" hat sein Widerspiel wenigstens in der buddhistischen Literatur im Pîthamarda. Das Leben auf der Landstraße im Mittelalter hatte sicher einen ganz ähnlichen Charakter wie der Karawanenbetrieb Mittelasiens. Selbst der im Mittelalter auffallend geringe Komfort der Fürsten und Lehensträger, deren Schlösser kein Meublement in unserm Sinne besaß (man brachte im Gefolge der Fürsten, wenn er eine Burg bezog, den nötigsten Komfort, Teppiche vor allem, Klappstühle und Truhen mit) erinnert lebhaft an mittelasiatische Verhältnisse.

Dieses Hin- und Herziehen mit dem Besitz in den Truhen barg sicher so manches kostbare Stück, auf das der Besitzer stolz war, vermittelte aber den Verkehr mehr, als man glaubt. Die großen Karawanenzüge der Heerstraßen leisteten im Handelsbetrieb außerordentliches, und überall in den größeren Orten, bei den Klöstern und den Fürstenhöfen verweilend, zogen sie die ganze Bevölkerung des von ihnen eingehaltenen Trakts in die Bewegung hinein, überall vom Wege mitnehmend und überall wieder absetzend.

21. Die literarische Überflutung des Abendlandes durch orientalische Materialien, die den Stempel indischen Denkens trugen, ist bekannt. Es genügt hier auf die buddhistischen Materialien im Physiologus, in den christlichen Apokryphen hinzuweisen, zu erinnern an die Wanderung des Märchens und des Romans, an die Übertragung der Bodhisattvalegende, an die durch alle europäischen Literaturen des Mittelalters laufenden Stoffe der Fabelsammlungen Pancatantra und Hitopade§a, an die außerordentliche Ähnlichkeit der Mysterien mit den Klageversen des Pretavastu und ähnlichen Werken oder dem geistlichen Theater des As-

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vaghosa und Candragomin. Die Vermittlung geschah auf doppeltem Wege über die Mittelmeerländer und über die Slavenländer. In Italien wirkte eine Zeitlang die Beeinflussung durch die indischen Geistesprodukte so stark, daß dort Werke entstanden, welche von echt orientalischen nur durch ihre Bezugnahme auf antike oder gleichzeitige nationale Stoffe sich unterscheiden. Wollte man z. B. Petrarcas wohlbekanntes Werk de consolatione in utraque fortuna in eine indische Sprache übersetzen und die dortigen Zitate auf die Antike durch indische Parallelen ersetzen — eine an sich gar nicht schwere Arbeit — so würde das Werk sich kaum von einem buddhistischen unterscheiden.

Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, wenn die Betrachtung der Wandgemälde der Höhlen bei Kutscha uns völlig in mittelalterliche Vorstellungen versetzt. Dazu kommt der gemeinsame Kunststil, der dieselben Grundideen ausdrückenden Kompositionen: die Darstellung der Legende des Religionsstifters, Bilder von Asketen und Märtyrern, die in Asien den Aufopferungen des Bodhisattva entsprechen. Neben Askese und Selbstbeschauung die Freude über die Geburt des Erlösers — aber auch als Gegenstück Spuren üppigen Genusses.

Ganz parallel den mittelalterlichen Tierbildern, die als Nebenwerk herlaufen und oft zur scharfen Satire dienen müssen — eine Masse von Darstellungen aus dem Tierleben, Eisvögel und Kägliks, Pfauen, Enten, Fasanen, Affen in den possierlichsten Szenen — allerdings, wie es scheint, ohne den satirischen Zug ihrer mittelalterlichen Gegenstücke. Daß einzelne aus Mittelasien stammende Motive im Mittelalter Eingang gefunden haben, wissen wir, unsere Bilder der 2. Stilart bringen aber eine ganze Reihe von solchen Dingen, die unmöglich ohne Zusammenhang sein können. Bevor ich auf die Einzelheiten eingehe, muß ich noch daran erinnern, daß die geschichtliche Entwicklung beider Kunstrichtungen, der mittelalterlich-europäischen wie der mittelasiatischen im wesentlichen dieselbe ist. In beiden Fällen waren es hellenisierte Syrer, welche die Reste spätantiker Kunst retteten und immer wieder variierten, doch so, daß in Zentralasien die orientalischen Bestandteile die koptischen,