National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0082 Iranische Felsreliefs : vol.1
Iranische Felsreliefs : vol.1 / Page 82 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000244
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

70

Schwieriger ist die Deutung des Gegenstückes, der unter dem Pferde von Ormuzd liegenden Gestalt, die meist als eine Personifikation des bösen Prinzips, als „Ahriman" gedeutet worden ist'). Die Abwesenheit einer Kopfbedeckung, der anscheinend nackte Körper, der wilde, ungeordnete Bart- und Haarwuchs, die Schlangenköpfe, welche im Stirngelock sichtbar werden, sprechen jedenfalls dafür, daß es sich hier wohl nicht um die Darstellung einer historischen Persönlichkeit handelt. Dem vom König überwundenen irdischen Feinde entspricht der vom Gott überwundene geistige Feind, „der lügnerische und boshafte Geist, der Angru mainju" oder Ahriman').

Wenn man gesagt hat3), daß das Gesicht Leid und Qual ausdrücke, so scheint mir dies übertrieben zu sein. Von einer seelischen Empfindung kann bei diesem Relief keine Rede sein. Das Ungöttliche und Böse ist in der Figur Ahrimans nur durch äußere Mittel, durch die Schlangenköpfe4), vor allem auch durch den ungepflegten Bart und das wirre Haar im Gegensatz zu den künstlich angeordneten Locken des Gottes und des Königs, angedeutet worden.

Wenn Ker Porter (a. a. O. I. pag. 556) in dieser Figur den „Dämon des arsakidischen Götzendienstes" sieht, und Perrot hier Zohak oder Azi-Dahaka' ), eine andere Personifikation des bösen Prinzips, erkennen will, so ist der Unterschied eben kein großer; denn auch diese beiden Forscher stimmen darin überein, daß es sich um die Darstellung einer dem Gott Ormuzd und seinem irdischen Stellvertreter, dem König Ardashir feindlichen Macht handelt.

Obgleich die richtige Deutung dieses Reliefs, als Investitur Ardashirs durch Ormuzd, durch die schon seit langem bekannten Inschriften unzweifelhaft erwiesen ist, ist es wunderbar, daß Marcel Dieulafoy6) von dem Vorhandensein dieser Inschriften gar nichts zu wissen scheint und hier Ardashir erkennen will, der seinem Sohne Shapür die Herrschaft übergibt. Der Umstand, daß der Vater vom Sohn den Ring zu empfangen scheint, und die respektvolle Handbewegung des ersteren macht ihn dann wieder in seiner Annahme stutzig, und er stellt die Frage auf, ob nicht doch vielleicht der vermeint= liche Shapür „eine Gottheit" wäre, von der Ardashir auf dem Schlachtfeld'), wo er die Parther niedere schlug, die Krone empfinge. Madame Jane Dieulafoy') scheint noch weniger wie ihr Gatte sich mit der Literatur der Denkmäler von Naqsh i Rustam beschäftigt zu haben; denn sie sieht hier zwei Könige, „qui

') Ferd. Justi (Geschichte des alten Persiens. Berlin, 1879. pag. 178, und Grundriß der Iranischen Philologie, Straßburg, 1900, pag. 5,5) denkt an Volagases, den Bruder von Artaban. — Fr. Spiegel (Eranische Alterthumskunde. Leipzig, 1878. III, pag. 827) möchte auch „einen König" hier sehen, der „wegen der Schlangen statt der Haare als Usurpator zu betrachten" wäre. — Mordtman (Z. D. M. S. 24, pag. 14); G. Rawlinson (The seventh great oriental Monarchy. London, 1876. pag. 625) halten die Gestalt für Ahriman und G. Curzon (a. a. O. pag. 126) gibt keine selbständige Ansicht ab.

') Ferd. Justi: Die älteste eranische Religion und ihr Stifter Zarathustra. Preuß. Jahrb. 1897, pag. 231. ') George Rawlinson, a. a. O. pag. 626.

4) Nach eranischem Volksglauben hatten Usurpatoren, diejenigen, welche sich unrechtmäßig die Herrschaft angemaßt hatten, „Schlangen statt der Majestät" auf den Schultern. Dem verzauberten armenischen Könige Pap waren Schlangen auf den Schultern gewachsen, die sich nur, wenn besonders heilige Personen vor dem Könige erschienen, zurückzogen (vgl. Spiegel a. a. O. III. pag. 653). — Eduard Meyer hat jüngst (Sumerier und Semiten in Babylonien. Berlin, 1906) darauf hingewiesen, daß in der altorientalischen Kunst die charakteristischen Attribute einer Gottheit aus ihrer Schulter hervorwachsend dargestellt werden. Dem altbabylonischen Gotte Ningishzida z. B. wächst auf Siegelzylindern aus jeder Schulter ein Drachenkopf Meyer bemerkt den Zusammenhang mit dem Zohak der eranischen Sage: „Der uralte arische, ja vielleicht indogermanische Schlangendämon wurde also in Iran in der Gestalt eines babylonischen Gottes gebildet."

  1. J. Darmesteter. Introduction au Vendidad. pag. LXV. °) L'Art antique de la Perse. V. pag. 113 ff.

  2. Edward Thomas (a. a. O.) führt den Umstand, daß das Haar des Königs weniger sorgfältig wie bei Ormuzd frisiert ist, darauf zurück, daß die Krönung auf dem Schlachtfeld vor sich geht. °) La Perse, la Chaldée et la Susiane. Paris, 1887. pag. 388.