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0098 Iranische Felsreliefs : vol.1
Iranische Felsreliefs : vol.1 / Page 98 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000244
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dargestellt ist. Nun findet sich die Krone, die Narsé auf unserem Relief trägt, in fast gleicher Form auf den Münzen des Königs (Abb. 40), und zwar als eine sonst in dieser Form nicht wieder vorkommende Krone, so daß wohl kein Zweifel darüber bestehen kann, daß auch hier Narsé dargestellt ist.

Die weibliche Figur, die bisher als Gemahlin oder Mutter des neben ihr stehenden Fürsten angesehen worden ist, scheint uns die Göttin Anahit zu sein. Der Kult dieser uralten iranischen Göttin war in der Zeit des reinen Zoroastrismus etwas in den Hintergrund getreten, aber schon unter Artaxerxes II. unter Vermischung mit babylonischen Kulten zu großer Bedeutung gelangt, die er in sasanidischer Zeit bewahrte'). Tabari2) berichtet, daß Sàsàn, der Stammvater der sasanidischen Dynastie, Vorsteher „des Feuertempels der Anàhédh" zu Istakhr$ ) gewesen sei. Die engen Beziehungen, in denen das Königs

haus also zu dieser Göttin gestanden zu haben scheint, mögen den König Narsé zu diesem Denkmal veranlaßt haben, auf dem er durch die Hand der Anahit die Krone empfängt ; dehnte sich doch in allernächster Nähe, zu Füßen des Felsens von Naqsh i Rustam, die Stadt Istakhr aus, wo sein Ahn das Amt eines Oberpriesters der Göttin bekleidet hatte.

Die Göttin ist ein wenig größer und höher als der König dargestellt. Wie Ormuzd auf den Reliefs, wo er den sasanidischen Königen den Ring der Herrschaft übergibt, in Gestalt und Tracht diesen Fürsten gleich dargestellt ist, so erscheint auch hier die Göttin als Fürstin`). Sie trägt dieselbe Mauerkrone mit zinnenartigen Spitzen, mit der stets Gott Ormuzd auf den sasanidischen Reliefs dargestellt ist; wie bei diesem wölbt sich über dem Haupt ein Busch lockiger Haare empor5). Oft kommt die Anahit auf sasanidischen

Gemmen vor, und von besonderem Interesse ist als Analogon zu unseren Reliefs eine Gemme im British Museum, auf der eine männliche und eine weibliche Büste einander zugewandt dargestellt sind. Der weibliche Kopf trägt lange Haarlocken und die typischen sasanidischen Bänder, und die Inschrift: „Siehe meine Seele (gnädig) an, die des guten Ferr-Ohrmazd", wird als ein Gebet des Mannes an die ihm gegenübergestellte Göttin Anahit gedeutete). Wie vermutet worden ist, sind die meisten der auf sasanidischen Gemmen vorkommenden Frauengestalten Personifikationen der Göttin' ). In ganzer Figur dargestellt, trägt sie ein enges, sich unten an den Füßen

') Vgl. Georg Hoffmann, Auszüge aus syr. Akten pers. Märtyrer. Leipzig 188o, pag. 130-139.

2) Th. Nöldeke a. a. O. pag. 4.

') Hier, im Tempel der Anahit, wurden im Jahre 34o die Köpfe christlicher Märtyrer und überhaupt getöteter Feinde aufgehängt.

  • ) Wahrscheinlich haben auch die Kultbilder der Anahit ähnlich ausgesehen. Das Opfergebet der Anahit gibt eine Beschreibung der Göttin, welche zweifellos den Tempelbildern entlehnt ist: sie trägt einen golddurchwirkten Schleier, in der Hand hält sie ein Bündel Zweige, sie trägt Ohrgehänge, Halsgeschmeide und Diadem ; die Mitte ihres Leibes ist gegürtet unter den starken Brüsten usw. Aus dem Vendidâdh. übersetzt von Darmesteter. XXX. II, pag. 82. (Ferd. Justi: Geschichte des alten Persiens, pag. 94.)

6) Ker Porter (a. a. O. pl. XIX) und nach seiner Zeichnung auch Mordtmann (Z. D. M. G. 34, pag. 42) sehen hier „ein mit Rosen angefülltes Diadem".

°) Paul Horn: Sasanidische Gemmen aus dem British Museum. Z. D. M. G. 44, pag. 65o ff. Nr. 565.

') Das Berliner Museum besitzt eine Reihe von sasanidischen Gemmen mit weiblichen Figuren. Vgl. Paul Horn und Georg Steindorf: Sasanidische Siegelsteine. Berlin 1889. „Die Wirksamkeit dieser Göttin (der Anahit) war eine so vielseitige, daß sie Männer wie Frauen anrufen konnten, auch junge Mädchen wandten sich an sie mit der Bitte um einen Gemahl."

Im Avesta wird die Gestalt und Tracht der Anahit folgendermaßen beschrieben (Zeitschr. f. vergleich. Sprachforschung auf dem Gebiet der indogerman. Sprachen, Bd. XXV, 188o : Karl Geldners Übersetzungen aus dem Avesta. Jasht V. An Ardvî Gûra Anâhita):

Abb. 4o. Münze des Narsc.
Kgl. Münzkabinett zu Berlin
(doppelte Größe).