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0107 Iranische Felsreliefs : vol.1
Iranische Felsreliefs : vol.1 / Page 107 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000244
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der Regierungszeit Ardashirs I., dessen göttliche Investitur es darstellt, und ist früher als das dasselbe Sujet darstellende Reiterrelief von Naqsh i Rustam. Stilistisch stehen beide Reliefs sehr nahe zueinander; auch rein äußerlich, im Kostüm usw., gibt es Vergleichspunkte. Wie dort finden wir auch hier die schweren, glatten Gewandstoffe, die erst seit der Zeit Shäpürs I. den bekannten dünnen, weichen und faltigen Sasanidengewändern Platz machen. Ormuzd trägt beidemal die Mauerkrone, ein Zepter und dieselbe Haar-und Bartfrisur. Das Porträt des Königs gleicht seinen frühen Münzen, wo er einen langen, rechteckig beschnittenen Vollbart trägt und kurz geschnittenes Haar; seine Kopfbedeckung ist bis auf den hier fehlenden Backenschutz dieselbe wie auf dem Reiterrelief von Naqsh i Rustam. So scheint mir kein Zweifel darüber zu bestehen, daß es sich hier um ein Denkmal handelt, das Ardashir bald nach dem entscheidenden Siege über Artabän, früher wie das Relief von Naqsh i Rustam, errichtet hat, und in dem das göttliche Recht seiner Herrschaft und auch die unter dem Schutz der Gottheit stehende Rechtmäßigkeit der Erbfolge seiner Familie, der sasanidischen Dynastie, zum Ausdruck kommen sollte. Die beiden Kinderfiguren, welche einen Stab, wahrscheinlich die heilige Standarte, den Diraf§-i-Kâwijân, zu halten scheinen, sind Söhne des Herrschers, vor der Thronbesteigung geborene Prinzen ; sie stehen unter dem von Gott ihrem Vater übergebenen Ringe, dem Symbole der Herrschaft, und ihr Anteil an der Belehnung wird auf diese Weise augenfällig dokumentiert. Die neben dem den Fliegenwedel haltenden Eunuchen' ) stehende Figur eines sich auf sein Schwert stützenden Mannes ist jedenfalls der oberste weltliche Würdenträger des Reiches, der erste Minister (Großwesir) oder der Generalissimus des sasanidischen Heeres.

Schwieriger ist die Deutung der die rechte Seite einnehmenden beiden Figuren. Meiner Ansicht nach sind es zwei zur königlichen Familie gehörende Frauen, die Mutter und die Gemahlin des Herrschers') oder letztere und eine Prinzessin ; die Stellung der Frauen bedingte es wahrscheinlich, daß sie nicht öffentlich an den Zeremonien und religiösen Festen des Hofes teilnahmen, und dies ist vielleicht der Grund, weswegen sie auch bei der symbolischen Darstellung der Krönung abgesondert dargestellt sind. Der von einer Säule getragene Baldachin soll jedenfalls einen Raum des Palastes oder einen Feuertempel versinnbildlichen, in dem die fürstlichen Frauen mit erhobenem rechtem Arm, in der gleichen Stellung wie der König, auch ihrerseits dem Gott ihre Verehrung bezeugen. Auffallend ist es, auf den ersten Blick wenigstens, daß die beiden Figuren der Belehnungsszene und mithin auch dem Gotte den Rücken kehren. Man hat sich diesen Umstand damit erklären wollen, daß man annahm8), es handle sich hier um Verstorbene. Eine einfachere Erklärung dürfte die sein, daß diese Gruppe rein äußerlich das Gegenstück zu den beiden hinter dem König stehenden Figuren bildet, und daß dadurch, daß die beiden Frauen sich in einem besonderen Raum befinden, ihre dem Gott abgewendete Haltung keinen Anstoß erregen kann. Sie stehen vielmehr, wie der König vor Ormuzd, auch auf derselben linken Seite vor der hier unsichtbaren Gottheit, der sie ihre Verehrung darbringen, und die man sich dazu ergänzen muß. Wenn man sich die Gruppe in einem Feuertempel denkt, so stehen die Frauen am Eingang dem Feueraltare huldigend gegenüber.

Nicht alle Forscher stimmen darin überein, daß es sich hier um Frauen handelt. Curzon') hält die Darstellung von Frauen, wenigstens in der frühen Sasanidenzeit, für sehr unwahrscheinlich und sieht in ihnen bartlose Eunuchen. Darauf ist zu erwidern, daß schon Warahrän II. (275-292), einer der ersten

i) M. Dieulafoy (a. a. O. pag. 119) bemerkt zu dieser Figur: „Le soin d'éventer le roi, comme aujourd'hui la charge de porter le kalyan, était toujours confié à des éphèbes d'une remarquable beauté."

  1. Ardashir soll nach der Tradition die Tochter des besiegten Partherfürsten Artabin geheiratet haben. — Mordtmann (Z. D. M. G. 34. pag. 39) hält die beiden Frauen für die Gattin Warahrans II. und für einen Eunuchen. Diesem Fürsten schreibt er das Relief zu. Ein anderer Forscher sieht in der zweiten Frauengestalt die Gattin des GroBwesirs. Jackson a. a. O. S. 309 erklärt sich die beiden Figuren als die Königin und ihre Begleiterin und hält es fur ausgeschlossen, daß es sich um Eunuchen handele.

  2. Mordtmann. Z. D. M. G. 34. pag. 39 ff.

  3. a. a. O. pag. 127.