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0110 Iranische Felsreliefs : vol.1
Iranische Felsreliefs : vol.1 / Page 110 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000244
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daß durch eine Bedachung ein gedeckter und geschlossener Raum hergestellt worden ist, finden sich nicht. Daß rein wahllos, ohne einen inneren Zusammenhang, die Reliefs hier angebracht worden sind, wie man gemeint hat' ), halte ich für ausgeschlossen; ich möchte annehmen, daß diese, in unmittelbarer Nähe der sasanidischen Hauptstadt Istakhr gelegene Örtlichkeit eine religiöse Bedeutung gehabt hat, sei es, daß sie mit der Ahnenverehrung und dem Totenkult im allgemeinen in Verbindung stand, sei es, daß hier ein die sasanidische Dynastie und ihren Gründer speziell berührender heiliger Ort bestand. Aus den Inschriften geht hervor, daß die sasanidischen Fürsten göttlichen Ursprung und göttliche Verehrung beanspruchten. Das die göttliche Investitur Ardashirs darstellende Relief ist die älteste derartige Darstellung, älter wie das Reiterrelief von Naqsh i Rustam; es ist an hervorragender Stelle, dem Eingange der Grotte gegenüber, angebracht und schildert die göttliche Einsetzung in die Herrschaft, nicht mit Hinblick auf den überwundenen Feind, den Partherfürsten, über den der König hinwegreitet, sondern als irdische Krönung des Fürsten und seiner Söhne in Gegenwart der fürstlichen Frauen und des obersten weltlichen Beamten. Der Sohn und Nachfolger Shäpürs I. nun bringt zur Seite dieses Denkmals seines Vaters zwei weitere an, von denen eins wiederum die göttliche -Investitur, ohne jede Hindeutung auf Besiegung eines irdischen Widersachers, darstellt, während das andere den Fürsten wiedergibt, wie er sich an der Spitze seines Hofes an diese Stätte begibt. Ich möchte annehmen, daß die Felsengrotte von Naqsh i Radjab die heilige Krönungsstätte der sasanidischen Könige gewesen ist, die von den beiden ersten Fürsten des Hauses mit den dieser Stätte und ihrem heiligen Zweck entsprechenden Reliefs geschmückt worden ist. Wir wissen, daß zu achaemenidischer Zeit eine feierliche Krönung in der Königsstadt Pasargadae stattfand, wo der König mit dem Mantel des Kyros bekleidet wurde und der Gottheit opfertet). Daß auch die Partherkönige gekrönt und mit dem königlichen Diadem geschmückt wurden, erfahren wir von Tacitus (Annalen 6, 42), und wenn auch eine derartige Krönungszeremonie im Shahnâmeh nicht erwähnt wird, so ist das kein Grund für die Annahme, daß eine Krönung nicht mehr existiert habe'). Es werden vielmehr auch aus sasanidischer Zeit direkte Krönungsfeierlichkeiten beim Regierungsantritt erwähnt, und in einem Falle erfahren wir, daß die Krönung des neuen Herrschers durch die Großen des Reiches im Feuertempel der Anahit in Istakhr vorgenommen wurde'). Der Krönung folgte die feierliche Ausrufung des Königs, dem das Volk dann zujubelte, und die Legende berichtet mehrmals von den an die Großen des Reichs gerichteten Reden, in denen der neue König sein Regierungsprogramm entwickelte.

Wenn auch Ktesiphon und Susa die bedeutendsten Hauptstädte und Residenzen der sasanidischen Herrscher waren, so galt doch, wie auch zur Zeit der Achaemeniden, deren Tradition von den Sasaniden bewußt gepflegt wurde, die Landschaft Persis mit der Hauptstadt Persepolis resp. Istakhr als das eigentliche Stammland und die dortige Residenz als der dynastische und religiöse Mittelpunkt des Reiches. Wir haben schon oben (pag. 86) erwähnt, daß Säsân, der Stammvater der Dynastie, nach der Tradition Oberpriester im Anahite-Tmpel von Istakhr gewesen war. Wir gehen vielleicht mit der Annahme nicht fehl, daß hier oder in dein, wahrscheinlich Ormuzd, dem höchsten Gotte geweihten und von Ardashir gegründeten und nach ihm benannten Heiligtum die Krönung stattfand; daß jene von den ersten beiden

') Flandin et Coste a. a. O.

') Vgl. Plutarch. Artaxerxes c. 3. Die Krönung fand in dem Tempel einer als Athena bezeichneten Göttin, also wohl in einem Anahit -Tempel statt. Der König mußte hier Feigenkuchen und Terebinthen essen und Milch trinken, was Spiegel (a. a. O. III, pag. 608) wohl mit Recht mit dem Haoma-Opfer in Verbindung bringt und der Ansicht ist, daß mit der Königsweihe eine Aufnahme in den Priesterstand verknüpft war. Vergl. Herzfeld, Pasargadae, Klio VIII r, S.-A., pag. 27.

') Spiegel (a. a. O. III, pag. S99) glaubt, daß die Sasaniden eine Krönung nicht mehr gekannt hätten.

`) Bei der Thronbesteigung des letzten Sasaniden -Fürsten Jazdagird III. (Nöldeke Tabari pag. 397). Die merkwürdige Krönungsszene beim Tode Hormizds II. (309-379) mag auch erwähnt werden. • Der noch nicht geborene spätere Shapür II. wurde im Mutterleibe gekrönt (Agathias IV, pag. 135. Tabari a. a. O. pag. 51. Malcolm a. a. O. I, pag. to6).