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0190 Iranische Felsreliefs : vol.1
Iranische Felsreliefs : vol.1 / Page 190 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000244
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und ihren ebenso zahlreichen Gattungen gegenüber ein entschieden nördliches Gepräge. Der Giebel ist dabei etwas Wesentliches; wo aber das Haus in südlichere Klimate vorgedrungen ist, ist der Giebel vielfach verloren gegangen oder zu einer dekorativen Form verkümmert. Im Gegensatz dazu aber kann ein Hofhaus, wie das ägyptische, griechische und andere, niemals einen Giebel besitzen.

Untersucht man das Kyrosgrab daraufhin, aus welchen Materialien das dargestellte Haus wohl bestanden habe, so ergibt sich kein Resultat. Das Giebeldach, das Sockelprofil und das Hauptgesims, auch die Tür weisen darauf hin, daß das Holz als Grundschwelle, oberes Rahmstück, Deckbalken und Dachsparren eine Rolle dabei gespielt hat. Dennoch läßt sich das pfostenlose glattwandige Haus konstruktiv nicht recht erklären. Es ist aller Materialität bar geworden, ein Beweis dafür, daß viele Umsetzungen aus dem einen Material ins andere stattgefunden haben müssen. Nur im Laufe einer langen Entwicklung konnten die Formen, in viel höherem Maße wie bei den Grabtürmen, so abstrakt werden, daß man das Haus sehr wohl, wie Rich, als einen vollkommenen Sarkophag, bei denen ja Hausform vorherrscht, bezeichnen kann. Neben der primitiven Gestalt ist dies das zweite Argument für die hohe Altertümlichkeit dieser Hausform.

Ein drittes Argument ist die Steilheit des Giebeldaches. Der Giebel ist geschaffen aus dem prak-

tischen Bedürfnis, dem Regenwasser die Möglichkeit des schnellen Ablaufens, dem Schnee die des langsamen Abrutschens zu geben, und auf diese Weise den Innenraum trocken zu erhalten. Je flacher der Giebel wird, um so weniger erfüllt er seinen Zweck, um so vorzüglicher muß das Dachdeckungsmaterial sein. Ein Giebel mit einer Neigung von etwa unter 15° kann überhaupt nicht mehr als Zweckform betrachtet werden. Je regen- und schneereicher das Klima, um so steiler muß der Giebel sein. Ein Giebel von der Steilheit des Kyrosgrabes kommt weder in Paphlagonien noch in Phrygien, geschweige denn in Griechenland vor. Der steile Giebel — er hat über 36° — beweist also den nördlichen Ursprung und zugleich das überragende Alter dieser Hausform.

Das Klima des Fars erfordert solche Dächer durchaus nicht, und man darf kaum annehmen, daß solche Häuser als Wohnhäuser je im Fars existiert haben. Der Fall liegt so, wie wir ihn häufig beobachten können, um nur an die mykenischen &o'loc zu erinnern, daß dieses Grab eine obsolete Form des Wohnhauses darstellt. Dem unverwüstlichen Material des Monumentes ist es zu danken, daß dieses Abbild einer sonst unzugänglichen Vorzeit heute noch vor uns steht.

Diese Auffassung mag befremdlich klingen, denn man hat bisher gerade den Stil, den Charakter dieses Monumentes als kleinasiatisch-griechisch und mithin als jung empfunden und hat diese Anschauung außer mit dem Profil des Sockels und des Hauptgesimses besonders auf die Giebel gestützt. Diese Argumente halten nicht Stich, für die Profile habe ich das bereits ausgesprochen. Auf die Frage des Giebels möchte ich hier noch eingehen.

Das unendlich interessante Relief des Haldiatempels in Musasir (Abb. 4) zeigt einen Tempel mit einem Giebel über 6 Pfeilern. Der Tempel, 715 von Sargon zerstört, dürfte noch um die Mitte des neunten Jahrhunderts erbaut worden sein. In ihm finden wir das Schema eines griechischen Tempels in einer Zeit und einer Gegend, wo sich die Annahme griechischen Einflusses schlechtweg verbietet.

Andrerseits zeigen die zwei Tatsachen, daß das griechische Privathaus als Hof haus keinen Giebel besitzt, während der Giebel, wo er autochthon ist, auch als Zweckform allgemeingültig sein muß, ferner, daß der Giebel des griechischen Tempels so flach ist, daß sein praktischer Wert kaum noch mitspricht, zeigen diese Tatsachen deutlich, daß der Giebel in Griechenland ursprünglich nicht heimisch sein kann. Einige Stellen der Literatur lehren nun, daß der Giebel in Griechenland eine ursprünglich sakrale Bedeutung besaß und diese Bedeutung bis in die späte Zeit bewußt blieb, mithin eine Schöpfung aus dem praktischen Bedürfnis nicht vorliegt, sondern vielmehr eine Übernahme von außen' ).

1) R. Leonhard (Die paphlagon. Felsengräber und ihre Beziehungen zum griech. Tempel. S. A. a. o. 84. Jahresber. d. Schles. Ges. f. vaterl. Cultur 1906. Berlin 19o7) kommt von ganz anderen Prämissen zu sehr ähnlichen Resultaten.