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0259 Iranische Felsreliefs : vol.1
Iranische Felsreliefs : vol.1 / Page 259 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000244
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Aus der Regierungszeit Warahrâns II. (277-294) sind uns drei Felsreliefs überliefert. Das an der Wand von Naqsh i Rustam befindliche (Tafel V) zeigt den Herrscher, wie wir oben ausführten, im Kreise seiner Angehörigen und der Großen seines Reiches. Letztere sind nur als Brustbilder hinter einer Schranke sichtbar, während der König in der Mitte in ganzer Figur wiedergegeben ist. Die jugendliche Erscheinung des Herrschers mit seinem phantastischen Flügelhelm entbehrt nicht einer gewissen Majestät und Würde, und man erkennt den Fortschritt der künstlerischen Fähigkeiten, wenn man einen Blick auf das nebenstehende Relief und die plumpe Figur des ersten Sasanidenfürsten wirft. Die Proportionen des Körpers sind ebenso wie die Zeichnung des nach links gewandten Kopfes richtig wiedergegeben, der Ausdruck ist voll Leben. Auch die sonstigen Figuren scheinen nach dem Leben und porträtähnlich gearbeitet zu sein; als besonders gelungen ist der Kopf eines bartlosen alten Mannes hervorzuheben.

Sehr nahe diesem Relief in künstlerischer Qualität und in Lebendigkeit der Bewegung stehen die beiden schlecht erhaltenen Reliefskulpturen vom Barm i Dilak (Taf. XXXII), die wir als die göttliche Investitur desselben Königs und seiner Gemahlin oder seines Vaters Warahrâns I. (274-277) erklärt haben. Auch hier handelt es sich wie dort um Figuren, die in verhältnismäßig geringem Maßstabe komponiert sind. Das dritte Relief Warahrâns II., das wiederum zu den uns bekannten, bedeutenderen Größenverhältnissen zurückkehrt, befindet sich in Shâpür (Tafel XLII) und zeigt eine neue, bisher noch nicht vorgekommene Darstellung : Der König läßt sich durch seinen Feldherrn einen überwundenen Beduinenstamm vorführen. Sehr geschickt ist auch hier der symmetrische Aufbau gewahrt. Die Mitte nimmt der General ein, während auf den Seiten der massigen Reiterfigur des Herrschers die in zwei Reihen übereinander aufgebauten Gestalten der Beduinen entsprechen. Die Reiterfigur ist bis auf den hinter der Schulter verschwindenden Arm ausgezeichnet ; die gleichfalls vorzüglich gezeichnete Gestalt des Feldherrn zeigt in der Fußstellung darin einen Fortschritt, daß der rechte Fuß zwar ganz im Profil, aber der linke etwas nach vorn gewandt und in dreiviertel Ansicht wiedergegeben ist. Hierdurch ist eine natürlichere Stellung der Figur erreicht. Ganz besonders gelungen sind dem Künstler die Araber, vor allem die drei in der ersten Reihe stehenden Figuren, deren natürliche Haltung und sichere Charakteristik wir schon obon erwähnt haben. Die Verletzung des Reliefs läßt nicht alle Details deutlich erkennen und hat die Köpfe der Pferde fast vollständig zerstört. Wie wir schon bei dem Shâpürrelief von Naqsh i Radjab (Tafel XI) zu beobachten Gelegenheit hatten, ist auch hier durch ein Ubereinanderstellen und Sichüberschneiden der Figuren und Tiere die Menge zum Ausdruck gebracht worden; dies ist auch hier nicht ganz gelungen und hat zu Unmöglichkeiten Anlaß gegeben, die aber trotzdem nicht so groß sind, daß sie die Gesamtwirkung dieses Reliefs empfindlich stören.

Der Nachfolger Warahrâns II. ist ein Sohn Shâpürs I., Narsé (293-303), der in einem Relief an der Felswand von Naqsh i Rustam (Tafel IX) sein und seines Sohnes Belehnung durch die Göttin Anahit in Gegenwart eines seiner Großen verewigen ließ. Trotz der vortrefflichen Behandlung des Details, der scharfen Charakteristik in den Köpfen macht sich hier wiederum die ungelenke und verkehrte Armhaltung der bis auf den Kopf en face gestellten Figuren störend bemerkbar. Beim Unterkörper der Göttin ist ebenso wie auf dem oben erwähnten Relief durch ein leises Vorschieben des linken Beines eine sichere und gefälligere Stellung erreicht worden. In einem zweiten Belehnungsrelief (Tafel XLI ), das sich in Shâpür befindet, ist Narsé zu dem uns bekannten Reitertypus zurückgekehrt. Hier hat die sasanidische Reliefkunst einen Höhepunkt erreicht. Die beiden Rosse sind in ihrer meisterhaften Realistik unübertrefflich und erinnern an die besten Pferdedarstellungen der italienischen Renaissance. Auch die Figuren der Reiter, des Ormuzd und des Königs, erreichen hier in Haltung, Bewegung und Auffassung eine hohe Naturwahrheit und Lebendigkeit. In den Gesichtszügen, vor allem dann auch in der Haltung des ausgereckten rechten Armes drückt sich beim König ein bisher in dieser Darstellung nicht beobachtetes Moment, das Verlangen und Sehnen aus, die ihm zugereichte Krone zu fassen und in den Besitz der Macht zu gelangen. Besonders dieses seelische Moment gibt dem Relief neben seinen