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0052 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
絹織物の美術史 : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / 52 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000240
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Die ganz besondere Eignung der Seide zum Ausfuhrhandel in die entferntesten Ab: satzgebiete, die weiten Wanderungen der Stoffe hatten zur Folge, daß der Fundort der alten Überreste, sonst so oft ein wichtiges Hilfsmittel für die Kunstgeschichte des Mittelalters, bei der Ursprungsbestimmung der erhaltenen Seidenstoffe nur selten dienlich ist. Die be, deutendsten Denkmäler der frühen Seidenkunst von Alexandria, Persien, Byzanz, China sind nicht im Osten, sondern aus Reliquienschreinen und Kirchenschätzen Italiens, Frankreichs, Deutschlands zutage gekommen. Der Reliquienverehrung und dem schon zur Karolinger: zeit entwickelten Reliquienvertrieb verdanken wir überhaupt zumeist die Erhaltung früh: mittelalterlicher Stoffe. Abgesehen von den spätantiken Geweben aus ägyptischen Gräbern in Antinoe, Achmim und anderen Fundorten sind weitaus die meisten Überreste früher Seidenstoffe als Reliquienhüllen der Gegenwart überliefert worden. Aber aus der Verbin: dung solcher Stoffe mit bestimmten Reliquien ist nicht oft ein brauchbarer Anhalt zur Zeit: bestimmung zu gewinnen. Im Gegenteil, der Zusammenhang zwischen Stoffen und Heil: tümern ist häufig der Anlaß zu falschen Datierungen der ersteren gewesen. Die Ober: lieferung in Kirchen und Klöstern nahm gern die Stoffe, die zur Umhüllung von Gebeinen der Heiligen dienten, als Überreste der Gewänder, welche diese Heiligen getragen haben tollten. Dadurch wurden Gewebe, die frühestens nach der Kanonisation und Hebung der Gebeine, oft aber noch viel später bei einer Versendung oder Schaustellung der Reliquien mit diesen in Verbindung gekommen waren, in die Lebenszeit jener Heiligen zurückversetzt. So entstanden viele Stoffdatierungen, die nur Verwirrung stifteten. Und wenn einmal eine glaubwürdige kirchliche Überlieferung einem bei der Translation gehobenen Gewand oder einem als Reliquie verehrten Gewebe eine haltbare Datierung verlieh, so war damit für die gleich wichtige Frage der örtlichen Herkunft noch gar nichts gewonnen.

Die Schriftquellen zur Geschichte der alten Webekunst sind zwar ziemlich ergiebig, aber gerade für die grundlegenden Fragen der kunstgeschichtlichen Bestimmung erhaltener Stoffe nur wenig verwertbar. Alles was wir über den Seidenhandel und die allmähliche Verbreitung der Seidenzucht, über die Betriebsorte und die mittelalterlichen Benennungen ihrer Erzeugnisse wissen, verdanken wir der schriftlichen Überlieferung. Die Erwähnungen kunstvoller Gewebe bei den alten Schriftstellern reichen bis zu Homer zurück und sie werden ausführlicher im Mittelalter, insbesondere in den mit dem römischen Liber ponti: ficalis einsetzenden Inventaren von Kirchenbesitz und Stiftungen. Solche Quellen sind in zwei älteren, noch immer unentbehrlichen Werken von Francisque=Michel') und von Ernest Pariset2) aufgesucht und bearbeitet worden. Sie sind reich an wichtigen Aufschlüssen; aber am Ende seiner Untersuchungen hat Francisque,Michel zugeben müssen, daß es nicht möglich ist, die überlieferten Benennungen mit den erhaltenen Stoffen des Mittelalters in Überein: stimmung zu bringen. Wir sind darin, obwohl weit mehr Stoffe bekannt geworden sind, seither nicht viel weiter gekommen. Es ist gewiß lehrreich zu verfolgen, wie in den frühen Quellen, namentlich im Liber pontificalis, die oströmischen Stoffnamen wie Staurax, Blattin, Katablattion, Chrysoclavus, Tyreus, Fundatum vorherrschen, wie späterhin die Namen persischerund arabischer..A bstammung, Baldachinus, Damas, Nacco, Taffeta, Zendal, Mosulin die byzantinischen Ausdrücke verdrängen und wie schließlich italienische Benennungen , in denen vielfach griechische und sarazenische Worte nachleben , das Feld behaupten. Wohl spiegelt sich der Wettbewerb von Ost und West, Glück und Niedergang des Seidengewerbes und Handels darin in großen Zügen wieder. Aber allzu selten sind in den Schriftquellen die alten Bezeichnungen so weit erläutert, daß man die uns bekannten Stoffe damit Iden: tifizieren könnte.

') Recherches sur le commerce, la fabrication et l'usage des étoffes de soie, d'or et d'argent en Occident pendant le Moyen Age, Paris 1852.

2) Histoire de la Soie, Paris 1862.

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