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0061 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 61 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Abb. 4. Griechischer Wirkstuhl,
5. Jahr. v. Chr.

Streifen voneinander. Die Bigen und Flügelrosse erscheinen bereits gräcisiert; doch bleibt die vorderasiatische Abkunft unverkennbar. Diese quergestreiften Gewänder mit Figuren assyrischen Stils kommen auf den Denkmälern des 6. Jahr: hunderts noch mehrfach vor, obschon viel seltener, als die buntgewürfelten Stoffe. Noch im 5. Jahrhundert ist auf einer rothgurigen I-Iieronvase ein Gewand dargestellt, dessen breite Querstreifen Wagenlenker, Flügelpferde, Delphine und Vögel füllen.')

Solchen frei entworfenen Mustern war die Webekunst des Altertums noch nicht gewachsen. Den Beweis dafür, daß sie in Wirkerei ausgeführt worden sind, erbringt eine rotfigurige

Vase des 5. Jahrhunderts aus Chiusi (Abb. 4), auf der Penelope vor ihrem Wirkstuhl dar: gestellt ist. Der Stoff, an dem sie arbeitete, ist auf dem oberen Querbaum aufgerollt, so daß ein Teil der Borten sichtbar bleibt, welche die Längsseiten des Stückes einfassen. Querüber läuft ein breiter Streifen mit einer geflügelten Gorgo, einem Pegasus und Greifen, offen: baren Ausläufern der assyrischen Richtung gleich den figürlichen Gewändern der François, vase. Die Möglichkeit mechanischer Weberei wird schon durch die tektonische Verteilung der Ornamente in längs: und querlaufende Ränder ausgeschlossen; dazu kommt, daß die Längs: borten die typischen Verzahnungen der primitiven Wirkarbeit von der Art grober Kilims aufweisen 0.

Die Annahme, daß im orientalischen und griechischen Altertum ganze Gewänder, wie die der Françoisvase gewirkt worden sind, mag zunächst befremdend erscheinen, denn unsere Anschauung von den Zielen und Grenzen der Wirkerei beruht vornehmlich auf der europäischen Entwicklung dieser Kunst während des Mittelalters und der Folgezeit. Im christlichen Abendland ist die Wirkerei immer auf umfangreiche Wandteppiche gerichtet gewesen und sie hat daher nur ganz schwere, von starken dicken Kettfäden getragene Ge, bilde hervorgebracht. Damit ist die Vorstellung gewirkter Kleiderstoffe, die doch immer eine gewisse Schmiegsamkeit und Leichtigkeit besitzen mußten, schwer vereinbar. Im Altertum war jedoch das Arbeitsgebiet der Wirkerei anders, bescheidener vielleicht in den höchsten Zielen, aber vielseitiger insofern, als sie neben großen Bildwerken auch noch das zu liefern hatte, was später der Seidenweberei zufiel: farbenreiche Gebrauchsstoffe mit Mustern höherer Ordnung. Sie ist auch dieser Aufgabe, obwohl der hellenischen Textil: kunst nur die Wolle zu Gebote stand, gerecht geworden. Das bezeugen die Reste eines mit Reihen natürlich gefärbter Enten auf dunkelviolettem Grund gemusterten Wollstoffes in Petersburg') aus einem griechischen Grab des 4. Jahrhunderts vor Chr. bei Kertsch (Abb. 5).

Es ist, wie J. Lessing vor dem Original feststellte, reine Wirkarbeit von fein; sterT extur; wo das geleistet

') Monumenti dell' Isti. tuto I X T. 43.

2) Vgl. auch Alois Riegl, I)er antike Webstuhl, Mitteilun: gen des österr. Mus. 1892 S. 290.

') Farbige Aufnahme ver: öffentlicht von L. Stephani in den Comptes rendus der Peters= burger archeol. Kommission 1878 79, Text 1881.

Abb. 5, Griechischer Wollstoff gewirkt, 4. Jahrh. v. Chr.

Palke, Seidenvcberci.

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