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0062 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 62 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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werden konnte, waren der Verwendbarkeit der Wirkerei aus technischen Gründen keine Grenzen gezogen 4).

Auch grobe kilimartige Wollwirkereien wurden in Griechenland als Gewandstoffe verarbeitet; hierher gehören die thrakischen Mäntel , die auf attischen Vasenbildern des 5. Jahrhunderts (Abb. 6) zu sehen sind2). Die Wirkarbeit ist hier an den für die Technik charakteristischen Verzahnungen des Ornaments sofort zu erkennen; eine weitere Bestäti: gung erbringt die Wiederkehr derselben Muster auf spätantiken Wirkereien aus Ägypten").

Im 5. Jahrhundert, als mit der Blüte hellenischer Kultur das plastische Empfinden in der Kunst maßgebend wurde, tritt im Stil der griechischen Tracht ein merklicher Wechsel ein. Die Zeiten des assyrischen Geschmacks waren überwunden und mit ihnen verschwin: den die buntgewürfelten Kleiderstoffe aus der Tracht der Hellenen. Nur als Kennzeichen asiatischer Sitten haben sie sich in der Vasenmalerei vom 5. Jahrhundert ab erhalten ; wenn Troer, namentlich Paris, oder Perser und Amazonen dargestellt werden, sind ihre Kleider, insbesondere die ungriechischen langen Hosen und Ärmel farbig geschacht, gerautet oder in dicht gereihten Zackenbändern gemustert (Abb. 7 u. 8).4) Die in der Vasenmalerei immer wiederkehrenden Zickzackmuster der Asiatengewänder mögen ein konventionelles Mittel sein, um den Gegensatz orientalischer Buntheit und schlichter hellenischer Tracht auszu: drücken ; wo der Maßstab des Kunstwerks die Wiedergabe von Einzelheiten gestattet, kommen als Merkmale orientalischer Stoffe auch die Tiermuster wieder zum Vorschein. So trägt auf dem großen Mosaikbild der Alexanderschlacht in Neapel, einem griechischen Werk des 3. Jahrhunderts vor Chr., ein vornehmer Perser im Gefolge des Darius Beinkleider, die mit Reihen geflügelter Greifen oder Rosse gemustert sind, nicht unähnlich den persischen Seiden: stoffen der Sassanidenzeit.) Auch für die starke Farbigkeit persischer Gewänder bietet das Mosaik, ebenso wie der stilistisch sehr verwandte bemalte Alexandersarkophag aus Sidon lehrreichen Aufschluß.

Für die Griechen selbst sind in klassischer Zeit ungemusterte Stoffe die Regel gewor: den. In entschiedener Minderzahl nur erscheinen auf den Bildern der rotfigurigen Vasen des 5. Jahrhunderts und der Folgezeit Gewandstoffe mit gewebter Musterung. Und in dieser kommt bereits der griechische Geschmack zur Geltung. Die Muster sind lockerer, leichter und zierlicher geworden. Streumusterartig werden in schräg sich kreuzenden Reihen oder in regelmäßigen Abständen, reihenweis versetzt, wechselnde Bildungen aus

  1. Es sind auch im Mittelalter, als die Seidenweberei schon in höchster Blüte stand, noch feine und leichte Stoffe durch Wirkerei hergestellt worden. Das bedeutendste Stück der Art ist das byzantinische Grabtuch des Bischofs Günther von Bamberg aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, vgl. Tafel 57; technisch gleichartig sind die aus Seide gewirkten Reste vom Grabgewand des Bischofs Bernard de Lacarre von Bayonne (1188-1213) im Clunymuseum. mit kufischer Schrift; ferner eine spanisch arabische Seidenwirkerei mit Figuren im Katalog der Textilsammlung Miguel y Badia T. 9 Nr. 1. Von spanischer Seidenwirkerei ist auch der Mantel aus dem Grab des Königs Fernando (f 1252), geschacht mit den Wappenzeichen von Castilien und Leon in den Feldern wechselnd ; abgebildet im Album de la Real Casa en la Exposicion de Barcelona 1888 S. 70. Schließlich sind aus China in Mengen ganz gewirkte leichte Seidengewänder von feiner Textur vorhanden, die zwar der Neuzeit angehören, aber auf einer Wirkkunst von alter Tradition beruhen. Fragmente solcher Art aus dem B. oder 9. nachchristlichen Jahrhundert hat Dr. v. Lecoq in Turfan für das Berliner Museum für Völkerkunde geborgen.

  2. Vgl. auch die Durisvase bei Furtwängler u. Reichhold, T. 48.

  3. Gerspach, Les tapisseries coptes fig. 91. — Auch heut noch werden in Ghardaia in Algier die Gewänder der Mzabiten (Beispiele in der Stoffsammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums) ganz aus bunter Wolle gewirkt und es ist beachtenswert, wie sehr deren Muster den Thrakermänteln des 5. Jahrs hunderts v. Chr. ähneln; ein Zeugnis dafür, daß gleiche technische Bedingungen und Zwecke auch zu gleichen Ornamenten führen können.

.') Vgl. Furtwängler u. Reichhold T. 6, 30, 61, 62, 79, 75, 76, 88, 89, 109, 116.

5) F. Winter, Das Alexandermosaik, Farbentafel.

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