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0063 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 63 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Punkten und Strichen, Sterne, I lakenkreuze oder Kreuzchen, Blüten, kleine Quadrate und Kreise über die Fläche verteilt; auch geschlossene Rautenmuster aus diagonal gekreuzten Streifen kommen vor (Abb. 9 u. 10). Die Vasenmaler können keine im Maßstab und den Einzelheiten genauen Nachbildungen der wirklichen Stoffe geben; doch genügt ihr abge: kürztes, andeutendes Verfahren vollauf, um zu erkennen, daß es sich hier urn Webemuster desselben Stils und Inhalts handelt, wie sie uns in den ältesten griechisch ägyptischen Seiden: stoffen des 5. Jahrhunderts nach Chr. wieder begegnen. Es sind die Stoffe, die uns einerseits die Gräber von Antinoe, andrerseits die ältesten Reliquienbestände der Domschätze in Sens und Aachen überliefert haben. Insbesondere ist auf Tafel 1 c und auf die Abbildungen 33, 34, 65, 83 als augenfällige Analogiebeispiele hinzuweisen. Der Nachweis, daß die hellenischen Webe muster des vorchristlichen Altertums noch in der Frühzeit der Seidenweberei fortleben, daß ein ununterbrochener stilistischer Zusammenhang die Buntweberei der klassischen Antike mit dem ältesten griechisch ägyptischen Seidenstil verbindet, ist das für die Kunstgeschichte der Seidenweberei wichtigste Ergebnis aus der Untersuchung der antiken Textilkunst.

Eine ähnliche Kontinuität der Ornamentik ist auch für die vorderasiatische, das heißt persische Textilkunst vorauszusetzen, obwohl so sichere Zeugnisse wie im griechischen Kul, turbereich nicht vorhanden sind. I)ie frühesten persischen Seidenstoffe aus dem 6. Jahr: hundert nach Chr. (vgl. Tafel 20 u. 21) machen wegen ihrer eckigen Zeichnung und ihres großen Maßstabes einen so barbarischen Eindruck -- namentlich neben den höchst feinen und zierlichen Sgidenstoffen der Griechen von Antinoe —, daß sie mit den nur in griechischer Übertragung überlieferten altpersischen Mustern der Achaemenidenzeit wenig Gemeinsames zu haben scheinen. Sieht man aber davon ah, so bestehen zwischen den gereihten Greifen, Flügelpferden, Vögeln und Hippokampen auf den persischen Gewändern im Mosaik der Alexanderschlacht und den Hippokampen, Hähnen, Enten auf den Kleidern Chosroes II und seines Gefolges in den Felsenskulpturen zu Takibostan (vgl. Tafel 19 und Abbildungen 91 bis 95) keine grundsätzlichen Stilunterschiede.

Neben den Stoffen mit gewebten Rapportmustern erscheinen in der rotfigurigen Vasen: malerei auch griechische Gewänder mit sehr reichen abgepaßten Verzierungen. Breite Borten reit Figuren rein hellenischen Stils, Wellen, Maeandern, Lorbeerzweigen, fliegenden Vögeln begleiten oben und unten den Saum der Himatien und in die freie Fläche verbreiten sich schwungvoll gezeichnete Palmetten.') Solche der Theatertracht verwandten Prachtgewänder haben mit der Weberei nichts zu schaffen; sie waren gefärbt oder gestickt. Zu den von L. Stephani veröffentlichten Textilien aus griechischen Gräbern Tauriens gehören die Reste eines Gewandes, auf dessen Rand klassische Palmetten und menschliche Figuren, ganz im Stil der erwähnten Vasenbilder, in farbiger Wollstickerei von hervorragend guter Arbeit ausgeführt sind. Die Stickerei ist das gegebene Verfahren für solche frei entworfene Ver:' zierungen, obwohl die Wirkerei ebenfalls für die Saumborten angewandt worden ist. Auch die Färberei kann in Frage kommen; aus demselben Grab des 4. Jahrhunderts vor Chr., weh ches die vorerwähnte Wirkerei mit Enten (vgl. Abb. 5) enthielt, stammt ein großes, aus zwölf Bahnen leichten Wollstoffes zusammengesetztes Grabtuch, worauf Bilder des theba: nischen Sagenkreises im Stil und den Farben der rotfigurigen Vasen — braun und rot auf schwarzem Grund — aufgefärbt sind. Weitere Beispiele textiler Bildfärberei sind aus dem griechischen Altertum nicht bekannt; erst die frühchristliche Zeit hat wieder einige umfang: reiche Vorhänge mit gefärbten biblischen und mythologischen Bildern und griechischen Beischriften aus Ägypten überliefert.) Das Ursprungsland dieses Verfahrens ist wohl Agyp;

') Typische Beispiele bei Furtwängler u. Reichhold I T. 38— 39; Monumenti dell'Istituto III, 30, 31; VIII, 29.

2) Im Guimetmuseum zu Paris und in den Kunstgewerbemuseen Berlin, Leipzig und South Kensing= ton; vgl. Strzygowski, Orient oder Rom T. 5, 6, 7; ferner Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes, I. S. 167.

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