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0089 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 89 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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einer römischen Weberei der Arnostadt anzusehen.') Es braucht kein sehr bedeutender Be, trieb gewesen zu sein, aber schon allein der Bestand einer Seidenweberei in einer italienischen Provinzstadt zu einer Zeit, als die an den Reichsgrenzen brandenden Wogen der Völker: wanderung schon weit ins Land hereinschlugen, läßt doch auf eine starke Lebenskraft und Expansionsfähigkeit des römischen Seidengewerbes schließen.

Dabei hatte es ein halbes Jahrtausend lang mit der unregelmäßigen, oft unzulänglichen Zufuhr des chinesischen Rohstoffs zu kämpfen, einem Mißstand, der zeitweilig zu verderbt lichen Handelskrisen sich steigerte. Das römische Reich befand sich dem Seidenhandel gegenüber in einer entschieden ungünstigen Lage. Heyd in seiner Geschichte des Levante: handels, Pariset, F. Hirth, Reinaud und andere haben sich bemüht, aus den griechischen, chinesischen und arabischen Quellen die Wege des Orienthandels zu erkunden, auf denen auch die Seide nach dem Westen gelangte. Die Aufgabe ist schwierig, nicht allein wegen der Spärlichkeit und Unklarheit der Quellenschriften, sondern noch mehr, weil mit den politischen Verhältnissen in den weiten Gebieten, die die Seide zu durchlaufen hatte, bevor sie in Antiochia, Alexandria oder Konstantinopel mündete, sich jeweils auch die Möglich: keiten und Bedingungen des Güteraustausches änderten. Während der älteste Verkehr von China über Land durch Innerasien nach dem Oxusgebiet, dann durch das Partherreich der Arsakiden an den Euphrat und nach Syrien ging, kam im 2. Jahrhundert nach Chr. der See: handel hinzu. Die chinesischen Annalen berichten,-) daß im Jahr 166 eine Gesandtschaft des Kaisers Marcus Aurelius Antoninus über Annam nach China gekommen sei, zum ersten: mal, da vorher die Parther den Weg versperrten, weil sie im Seidenhandel Chinas die Vers mittler bleiben wollten. Hirth nimmt an, daß diese Bahnbrecher des Seeverkehrs zwar nicht römische Gesandte, aber Kaufleute aus der römischen Provinz Syrien gewesen seien, die eine durch Kriegsunglück und Pest erzwungene Untätigkeit der Farther für sich ausnützten. Es ist nicht wahrscheinlich, daß der direkte Seeweg dem römischen Orienthandel lange Zeit offen blieb; denn seit die Sassaniden im 3. Jahrhundert ihr persisches Reich zu einer ansehn; lichen und den römischen Ostprovinzen oft gefährlichen Machtstellung emporgehoben hatten, wurden die Syrer von den unmittelbaren Beziehungen zu China abgedrängt und auch aus dem Seehandel mit Indien ausgeschaltet. Dessen Hauptader war westwärts auf den Unter: lauf des Euphrats gerichtet, ein wichtiges Umschlagsgebiet, das zur Arsakidenzeit den Rö: mern noch zugänglich war, später jedoch in die Gewalt der Sassaniden geriet.

Die Wandlungen im Seeverkehr und die Änderungen der Karawanenstraßen durch Innerasien brauchen hier nicht weiter verfolgt zu werden, denn bei allem Wechsel ist das für die Seidengeschichte wichtigste Endergebnis unverändert geblieben: Auf welchem Wege immer die chinesische Seide dem Westen zugeführt wurde, ob zu Land über den Oxus oder durch Indien und zu Wasser, in jedem Fall gelangte sie zuerst in die Hand der Perser. Nur durch deren Vermittlung konnten die syrischen Händler und später der rhomäische Comes commerciorum als der zum Seidenankauf allein bevollmächtigte Vertreter seines Landes das Rohmaterial in Empfang nehmen. I)as Handelsmonopol der Perser lastete drückend auf dem römischen Textilgewerbe nicht bloss wegen der Verteurung, mehr noch durch die Be, schränkung des Rohstoffs. Persien war selbst, mindestens seit dem 4. Jahrhundert, Sitz der Seidenweberei geworden und ein erheblicher Teil der Zufuhr chinesischer Gespinste wurde im Lande selbst verarbeitet. Nur der Überschuss über den eigenen Bedarf konnte die Grenzen überschreiten. Die persische Weberei war auf den Absatz ihrer Erzeugnisse in das römische Reich bedacht; in der Charta Cornutiana°), der Stiftungsurkunde einer römischen Landkirche, die deren Textilbesitz aufzählt, werden schon im Jahre 471 persische Stoffe

') J. Braun, Zeitschrift f. christl. Kunst 1910, IX.

2) F. I-firth, China and the Roman Orient S. 42 und Chinesische Studien S. 17. °) Abgedruckt in Duchesnes Ausgabe des Liber pontificalis I.

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