National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0173 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 173 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000240
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

dem. Denn dieses Ornament ist auf sassanidischen Silberarbeiten, die sonst von westlichen Elementen ziemlich frei sind, sehr häufig 1). Der Hahn hat nach Ferd. Justi 2) für die Zoro: astrier besondere Bedeutung als der Vogel, dessen Gesang die Nachtgeister verscheucht; diese religiöse Funktion mag zur Not den Nimbus erklären. Ohne Nimbus sind Hähne öfter auf achaemenidischen Siegelsteinen, sassanidischen Pehlewigemmen 3), Silbergefäßen 4), und wie wir sehen werden, auch auf Seidenstoffen dargestellt (vgl. Abb. 103). Dadurch wird, wenn schon die Bedeutung des Nimbus noch ungeklärt bleibt, jedenfalls der persische Ursprung des Motivs gesichert.

Mit der starren, fast klobigen Zeichnung des Hahnenstoffes verbindet sich eine außer: ordentlich hochstehende Webetechnik. Um die große Menge der mit vollendetem Geschick verteilten Farben unterzubringen, hat der Weber die Broschierung zu Hilfe gerufen, ver: mittels deren die an der Schauseite nur selten erscheinenden Farben — hier das Weiß — bloß so weit durchgeschossen werden, als das Muster es beansprucht. Dieses Verfahren hat man sonst nur der Webekunst weit fortgeschrittener Zeiten zugetraut.

Der ausgeprägte Stil dieser beiden gut beglaubigten Sassanidengewebe macht es leicht, noch andere Stoffe in die frühpersische Gruppe einzureihen.

Der Entenstoff des Vatikans (Tafel 22a und ergänzt Abb. 99) zeigt die Scheibenkreise mitsamt den Mondsicheln an den Scheitelpunkten und noch schärfer betont als der Hahnen: stoff die harte starre Stilisierung des Vogels. Die Flügelschulter füllt ähnlich dem Hippokampen ein vegetabiles Gebilde und die Verzierung der übrigen Körperfläche ist von der Absicht naturähnlicher Gestaltung weit entfernt. Die schwunglose Zeichnung der Zwickel: palmetten und der Traubenranke im Schnabel der Ente steht mit der sonstigen Schwäche der sassanidischen Kunst auf dem Gebiet des Pflanzenornaments im Einklang. Was die Datierung betrifft, so mahnen die völlig versteiften, kaum mehr verstandenen Flatterbänder an den Entenfüßen zur Vorsicht. In so entarteter Form ist dieser beliebte Zierat auf den plastischen Denkmälern der Sassanidenzeit nicht zu finden; auch sind die Enten der Taki: bostan:Muster (vgl. Abb. 92) doch noch wesentlich natürlicher gebildet. Vielleicht sind das Anzeichen einer Entstehung in nachsassanidischer Zeit, vielleicht deuten sie auch auf einen provinziellen Betrieb. Sicher ist, daß die persischen Tiermuster, Hippokampen, Flügel: pferde, Enten im frühislamischen Mittelalter bis ins 9. und 10. Jahrh. ohne große Verände: rungen im Gebrauch gehalten wurden und es ist schwer zu entscheiden, ob ein Stück wie der Entenstoff des Vatikans dem 7. oder dem 9. Jahrhundert näher steht. Man muß sich mit der Feststellung des sassanidischen Stils begnügen.

Für die Ausbreitung des persischen Seidenstils nach Ostasien liefert der Entenstoff ein gewichtiges Zeugnis. Auf einer der ergebnisreichen Forschungsreisen nach Turfan hat A. Grünwedel in einem Grottentempel zu Kyzil in Chinesisch:Turkestan eine dem Seiden: stoff engverwandte Wandmalerei entdeckt (Abb. 100). Die Gleichartigkeit der Enten und Scheibenkreise beweist offenbar, daß hier im chinesisch buddhistischen Kunstbereich ein frühpersischer Seidenstoff in allen Einzelheiten getreu nachgemalt worden ist. Die mit flab ternden Halsschärpen geschmückten Enten aus Kyzil halten statt der Ranken eine Band: schleife mit drei Tropfenperlen im Schnabel, wie sie als Halsschmuck von den Sassaniden: königen getragen wurde.5) In derselben Verwendung wie in Kyzil wird dieser Halsschmuck, der zu einem kleinen Schmuckstück zusammengeschrumpft noch bei den kaiserlichen Adler:

  1. Beispiele Smirnow fig. 48; rig. 60, Tigerjagdschale, das Herzornament auf dem Köcher; fig. 88, 90, 95.

  2. Zeitschrift f. christl. Kunst 1898 XI S. 367.

  3. Britisches Museum Inv. 91.

  4. Smirnow T. 115 u. 288, vgl. Abb. 101.

  5. Vgl. die Silberschalen Smirnow fig. 56, 59, 60.

Falke, Seidenweberei.

81

Il