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0192 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 192 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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VI. Die Seidenweberei des hohen Mittelalters

vom achten bis ins dreizehnte Jahrhundert.

Der Eintritt der Araber in die Weltgeschichte scheidet im Morgenland das Mittelalter vom Altertum. In kaum gehemmtem Siegeslauf haben die Anhänger Muhammeds die alte Kulturwelt des Ostens überrannt und zu einem neuen Reich zusammengezwungen. Schon unter dem ersten Nachfolger des Propheten beginnt der Ansturm auf das oströmische Syrien und Mesopotamien. Omar entsendet seine Scharen gleichzeitig nach Osten und nach Westen. Im Lauf eines Jahrzehnts bricht das Perserreich der Sassaniden, das so oft den Römern die Stirn geboten, zusammen und um die Mitte des 7. Jahrhunderts erstreckt sich die Macht der Kalifen von Transoxanien bis Agypten. Das Jahrhundert der Omaijaden sieht Damaskus als Hauptstadt des Arabertums und ein Vorrücken der Westgrenzen über Nordafrika nach Spanien. Die Dynastie der Abbasiden verlegt den Schwerpunkt des Reiches nach Meso: potamien; Bagdad, die Gründung Mansurs, bleibt durch fünfhundert Jahre der Sitz des Kalifats, bis die Mongolenstürme um die Mitte des 13. Jahrhunderts im ganzen Ostgebiet das Unterste zu oberst kehren. Die Araber erwiesen sich im Ganzen als duldsam gegen die Einwohner der eroberten Länder und ihr Joch lastete nicht schwer auf den Unterwort fenen. Viele von den alten Städten in Persien, Syrien, Agypten gediehen weiter und neben ihnen erhoben sich neue Sitze des Gewerbfleißes und der Kunstpflege. Die Residenzen der Kalifen und selbständig gewordenen Landesfürsten, vor allem Bagdad und Mossul im Irak, Fostat und die Fatimidengründung Kairo in Agypten, Cordova in Andalusien wurden die Brennpunkte einer islamischen Kultur, die in tropischem Wachstum erblühte und die langsameren Schrittes aufsteigende Bildung der Germanen hell überstrahlte.

Man mag den Bestand eigenen Kunstvermögens, den die Wüstensöhne aus der terra incognita Arabiens in den islamischen Länderverband einbrachten, noch so gering anschlagen und das, was sie an persischer, syrischer und römischthellenistischer Kunstüberlieferung vor; fanden und als Grundlage eigenen Schaffens benützten, sehr hoch bewerten, so wird die tatsächliche Wirkung der arabischen Reichsgründung doch nicht verringert. Aus der Ober: lieferung und mit Hilfe der Unterworfenen begonnen, ist die islamische Kunst trotzdem eine selbständige Neuschöpfung geworden. Das gemeinsame Gepräge, das ihre Äußerungen vom Indus bis zum Ebro über alle nationalen Unterschiede hinweg verbindet, hat wie die gemeinsame Religion und Schrift die Mitwirkung des arabischen Elements zur Voraus= setzung. Die Einheitlichkeit ist um so merkwürdiger, als zur Zeit des Aufblühens der früh: islamischen Kunst das arabische Kalifat keinen Einheitsstaat mehr bildete.

Im äußersten Westen löste sich das durch Araber und islamisierte Mauren und Bert bern gemeinsam den Westgoten abgewonnene Spanien schon nach der Mitte des B. Jahrh. vom Abbasidenreich, als der flüchtige Omaijade Abderrahman I mit Hilfe syrischer An: hanger seines gestürzten Geschlechts das unabhängige Kalifat von Cordova aufrichtete. Fast drei Jahrhunderte (756-1028) blieb es in der Hand seiner Nachkommen und bot im 9. und 10. Jahrhundert unter dem zweiten und dritten Abderrahman den christlichen Nachbarn das glänzende Schauspiel der höchsten Entfaltung westsarazenischer Kunst und

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