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0236 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 236 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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übergenommen wäre. Es sind vorwiegend persische, zum Teil vorislamische Darstellungen, in die arabische Formensprache übertragen. Daher ist die Ähnlichkeit am größten mit den Kunstwerken Mesopotamiens, die ebenfalls iranische Elemente in arabischer Stilisierung verwenden. Die sitzenden Musikanten und Trinker (s. Abb. 179), die jagenden Reiter (s. Abb. 180), die Greifenpaare und die geflügelten Löwen mit gekrümmten Hörnern, der Löwe auf dem Rücken des Wildesels, die Elephanten, Adler und die Pfauen in Seitenansicht, das sind lauter Vorstellungen, die aus der Sassanidenkunst in die mesopotamisch,islamische übergegangen sind. Aus derselben Quelle stammen auch die Muster der erhaltenen Seiden; stofte spanischer Arbeit.

Als Hilfsmittel für den Nachweis der spanischen Herkunft einiger Stoffe ist noch die plastische Darstellung eines Adlers hier vorzuführen, der mit jedem Fang ein Reh gepackt hat. Sie findet sich in Spanien zuerst auf der Schmalseite eines Marmorbeckens vom Jahr 988 aus Medina ez Zahra bei Cordova (im Museum zu Madrid) und dreihundert Jahre später auf einem Becken von 1305 in der Alhambra (Abb. 182, 183). Einen Seidenstoff mit diesem symbolisch bedeutungsvollen Muster hat das Textilmuseum in Lyon aus Spanien erworben (Abb. 184). Der Adler, schwarzblau mit roter und gelber Zeichnung auf rotem Grund ist zweiköpfig gestaltet und erinnert dadurch an den hethitischen Adler mit Beute, tieren zu Eujuk in Kappadokien. Da ornamentale Zutaten fehlen, ist die Datierung schwie, rig, doch möchte ich das Gewebe wegen der großartig strengen und einfachen Zeichnung an den Anfang der andalusischen Gruppe stellen.

Dem reichen Stil der cordovanischen Elfenbeinwerke steht der in Quedlinburg gefun, dene und aus kleinen Überbleibseln auf Tafel 41 rekonstruierte Adlerstoff am nächsten (Abb. 185). Auch hier ist der Vogelkopf, vielleicht nur dem symmetrischen Musterum, schlag zuliebe, verdoppelt und gleich dem Relief aus Medina ez Zahra sind über den Flü, geln des Adlers zwei Tiere eingeordnet. Die Pfauenpaare in dem künstlich verschlungenen Bandwerk der Zwickelfelder sind eins der beliebtesten Motive der Elfenbeinschnitzereien und die paarweis weidenden, langohrigen Tiere im Kreisband sind ganz ähnlich auf einem cordovanischen Kasten im Bargello (Abb. 186) nachzuweisen. Das Muster enthält nichts, was einer Entstehung im 11. Jahrh. widerspricht, doch ist immerhin zu bedenken, daß wir über Stilwandlungen der islamischen Kunst Spaniens innerhalb des hohen Mittelalters nur sehr wenig wissen, daß also ein kaum verändertes Fortleben des cordovanischen Stils bis ins 12. Jahrh. oder länger nicht ausgeschlossen ist.

Das beste Zeugnis für die Verarbeitung altpersischer Vorstellungen in der spanischen Weberei geben die aus Vich in Katalonien stammenden Stoffe mit dem Löwenwürger und mit den Sphinxen auf Tafel 42 und Tafel 43, die in Farben ur)d Textur so übereinstimmen, daß man sie als Werke eines und desselben Betriebs ansehen muß.

Die Deutung als Daniel in der Löwengrube ist für den ersteren (Abb. 187) ebenso,

wenig angebracht wie bei dem im ostislamischen Abschnitt besprochenen Victor, stoff in Sens (vgl. Abb. 129). Der arabische Typus des dunkelbärtigen Löwen: würgers, die seltsame Haube und das lange, von goldenem Gürtel umschlossene Gewand, die ebenso reich und zierlich gezeichnete wie meisterhaft gewebte Ornamentik in den Kreisbändern und Zwickeln, alles das ist so echt islamisch, daß der Gedanke an eine christliche Darstellung nicht aufkommen kann. Zu; dem geht die Haltung des Mannes, der den Arm um den Hals des Löwen schlingt, um ihn zu erdrosseln, auf die Darstellung der königlichen Löwen: kämpfer in den Skulpturen des Achämenidenpalastes zu Persepolis zurück

Abb. 188.   (Abb. 188), nur mit dem Unterschied, daß die Weberei das alte Motiv in sym,

Achämenidische metrischer Verdopplung wiedergibt. Daß die gewürgten Tiere trotz ihrer harm, Skulptur in

Persepolis. losen Kalbsköpfe Löwen vorstellen sollen, ist aus der Körperform und den

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