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0239 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 239 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Pranken ersichtlich. Für die Greifenpaare in den Kreisbändern, ein gemeinsarazenisches Motiv, geben die Elfenbeinwerke und das Adlerrelief von Medina ez Zahra ausreichende Beläge von spanischer Arbeit. Die Zwickelfüllung aus vier großen und vier kleinen von einem Stern ausstrahlenden Palmetten hält sich bei entschieden spanischer Durchbildung der Einzelheiten an die althergebrachte Anordnung, die aus den spätantiken Seidenstoffen Ägyptens in die sassanidische und weiterhin in die ostmuslimische Weberei übergegangen war. Die kufische Schrift im Stoffrand ist auf Tafel 42 ungenau wiedergegeben; im Original wechseln nicht zwei, sondern drei verschiedene Schriftzeichen miteinander ab.')

Die Herkunft der gegenständigen Sphinxen, das heißt menschenköpfiger Flügellöwen (Abb. 189) aus Assyrien, ihr Übergang einerseits nach Hellas, andrerseits in die persische und weiter in die islamische Kunst ist so bekannt, daß Beispiele aus dem einen oder anderen Kunstbereich nicht angeführt zu werden brauchen. Ungewöhnlich ist hier nur die bunte Haube, die die Sphinxen gleich dem Löwenwürger tragen; etwas ähnliches kommt auch auf persischen Fayencen des 12. oder 13. Jahrh. aus Rey vor.2) Ein beachtenswerter Beweis für das hohe Kunstvermögen der andalusischen Seidenweberei des 11.-12. Jahrh. ist die trotz der verwickelten Linienführung und Kreuzung klare und reine Wiedergabe der rot einee. faßten grünen Ranken im Kreisband. Das Museum in Vich besitzt zwei Stücke dieses Sphinxenstoffes, an denen auch die Zwickelfüllung noch vorhanden ist. Sie enthält Pfauen. paare mit verschlungenen Hälsen, deren Schnäbel sich berühren.3) Dadurch wird jeder Zweifel an der spanischen Heimat des Gewebes beseitigt, denn die gegenständigen Pfauen mit gekreuzten Hälsen sind ein den cordovanischen Elfenbeinschnitzereien eigentümliches Motiv (vgl. Abb. 179).4)

Dieser ältesten andalusischen Gewebegruppe ist nach der Zeitfolge ein Stoff mit Vogel. paaren in Kreisen anzuschließen, der als Schutzdecke auf einer Urkunde aus der Zeit Fer. nando II (1157-1188) im Domarchiv zu Salamanca festgenäht war, also spätestens in der 2. Hälfte des 12. Jahrh. entstanden ist (Abb. 190). Das Kreisband enthält sechzehn Mal wiederholt ein arabisches Wort. Die Vögel haben zwar eine gewisse Verwandtschaft mit dem Tebriser Stoff auf Tafel 35b, doch bezeugen die Zwickelfüllungen als Ganzes und ins. besondere die vier großen, zwischen die Kreise hineinwachsenden Palmetten die spanische Arbeit: Wie auf dem Löwenwürgerstoff von Vich (s. Abb. 187) bildet ein geperltes Band ein Dreieck, das außen mit hornförmig gekrümmten Blättchen besetzt ist. Diese Form, an welche noch die gradlinigen Palmetten des ältesten spanischen Knüpfteppichss) etwas an. klingen, ist der ostmuslimischen Kunst völlig fremd geblieben.

Der Salamancastoff bestimmt eine Mustergattung, die in Spanien das 13. Jahrh. hin. durch fortgeführt worden ist: Bedeutungslos gewordene Tierpaare in Kreisbändern, die mit frommen Sprüchen in arabischer Schrift gefüllt sind. Gewöhnlich werden nur zwei oder

') Vgl. die Originalaufnahme des Stoffes im Katalog Miguel y Badia T. 5 fig. 47. — Stücke dieses Stoffes besitzen das Museum in Vich, das Berliner und Pariser Kunstgewerbemuseum. Die Angabe unserer Tafelbeschreibung, daß der Stoff aus dem Grabe oder vom Mantel des San Bernardo Calvo, Bischofs zu Vich von 1233-1243, herstammt, steht zwar auch im Katalog Miguel y Badia T. 5, ist aber irrtümlich. Der in dieser Frage allein zuverlässige Catalogo del Museo episcopal de Vich 1891, nr. 790 nennt als Sudario de San Bernardo, also als Reliquienhülle, nicht als Mantel, nur den auf unserer Tafel 77 abgebildeten Adler= stoff byzantinischer Arbeit.

  1. Gay Glossaire S. 686.

  2. Catalogo del Museo episcopal de Vich nr. 1000: „Dos pavos posados, tocandose con el pico y uniéndose por la cola."

') Es ist außer dem hier abgebildeten Kasten des South Kens. Mus. noch auf dem aus der kastiliani• schen Abtei Silos in das Museum von Burgos gelangten Kasten vom Jahr 1026 mehrfach angebracht; vgl. Dom Roulin, Le Trésor d'abbaye de Silos T. 3 u. 4.

5) Bode, Vorderasiatische Knüpfteppiche fig. 79.

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