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0240 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 240 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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drei Worte, Lob sei Gott, Vollkommener Segen und dergleichen viermal oder achtmal in jedem Kreis wiederholt. Die großen Kreise sind durch vier kleine Rundfelder verbunden, welche Sterne, Rosetten, Vogelpaare oder kleine Löwen enthalten. Hierher gehört ein Stoff im Pariser Kunstgewerbemuseum, rot auf grün, mit adossierten Löwen in den großen Schriftkreisen und mit Vögeln in den Verbindungskreisen, der aus dem Grab des heiligen Regnobert in Vergy (Dep. Côte d'or) stammen soll.') Ein Hauptstück der Gattung ist die vollständig erhaltene Kasel des heiligen Edmund, Erzbischofs von Canterbury, der 1241 in Frankreich starb. Die in der Quiriacuskirche von Provins befindliche Kasel wird durch eine bündige und gut beglaubigte Oberlieferung auf den englischen Kirchenfürsten zurück; geführt.) Die großen Kreise umschließen Papageien; im übrigen stimmt das Muster, ein; schließlich des achtmal wiederholten Spruches „Ruhm sei Gott", mit dem braunen Damast; stoff auf Tafel 44a (Abb. 191) in allem wesentlichen überein. Dadurch wird auch der letz: tere der ersten Hälfte des 13. Jahrh. zugewiesen, einer Zeit, die der zersplitterten Sarazenen: macht in Spanien schon die schwersten Verluste gebracht hatte. Trotzdem verrät der braune Gazellenstoff noch keinerlei Anzeichen eines Rückgangs; der hervorragend fein gezeich, neten Ornamentik, dem kalligraphischen Linienschwung der Tierbilder wird die Weberei vollkommen gerecht. Als typische Merkmale spanischer Arbeit sind wiederum die Zwickel: palmetten und die schon auf dem großen cordovanischen Adlerstoff (s. T. 41, Abb. 185) vorhandenen Achtecke aus zwei verkreuzten Quadraten und die Rosetten inmitten der Zwickel anzuführen. Man könnte auch darauf hinweisen , daß hier wie bei den Sphinxen und dem Löwenwürger die Köpfe in Gold broschiert sind. Doch ist diese sparsam zurück, haltende Verwendung des Goldfadens gleichzeitig und wenig später in Sizilien, Italien und Syrien (Antiochia) ebenso üblich gewesen, für sich allein also kein brauchbares Ursprungs: zeichen.

Den Niedergang der Stilrichtung veranschaulicht ein Spätling in der Berliner Stoff, sammlung (Abb. 192) von kleinem Maßstab, mit noch .gut gewebten Neskiinschriften, aber schwächlich gezeichneten Vögeln in der hergebrachten Ornamentik. Dieser Stoff ist ein Be, weis dafür, daß die Seidenweberei in Spanien und Agypten aus einem gemeinsamen west, islamischen Formenschatz schöpften. Denn er ist in einem ägyptischen Grab zu El Azam gefunden und nach der Inschrift im Nilland gewebt. Sie enthält die Worte: „Ruhm dem El Aschraf", bezieht sich also wohl auf den Mamlukensultan El Aschraf Chalil (1290-1293).

Mit Ausnahme des letzten Stückes kann über den spanischen Ursprung der vorgeführ, ten Stoffe kein Zweifel bestehen. Ob aber diese Obersicht, die nur die für Spanien gesicher, ten Denkmäler berücksichtigt, ein einigermaßen vollständiges Bild von den Hauptrichtungen der andalusischen Seidenkunst des hohen Mittelalters gibt, bleibt fraglich. Zunächst ist zu vermuten, daß auch die rein geometrischen Muster aus polygonalen Bandgeflechten des Alhambrastils in die Zeit vor 1300 zurückreichen; doch ist die Gattung besser in dem Ab, schnitt des späten Mittelalters zu behandeln, dem die erhaltenen Beispiele und auch die Blütezeit dieser Richtung angehören. Erhebliche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Be, stimmung der nächstfolgenden Gruppe westmuslimischer Gewebe. Sie enthalten Muster oder Einzelmotive, die den spanischen sichtlich verwandt sind, während andere, nicht unwichtige Argumente auf Sizilien hinweisen. Innerhalb dieser Denkmälergruppe eine sichere, gut begründete Scheidung zwischen dem spanischen und dem sizilianischen Anteil vorzunehmen, ist mit den vorhandenen Hilfsmitteln unmöglich. Man kann nur im Einzel:

') Ein Fragment davon abgeb. Blanchet, Notices sur quelques Tissus T. 25.

2) Eine Photographie der Kasel in der Kunstbibliothek Jacques Doucet in Paris; veröffentlicht ist bisÇ her nur eine Zeichnung der Kasel und ihres Musters bei Rohault de Fleury, La Messe VIII T. 607; Text VII S. 169.

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