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0246 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 246 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Vogelpaare. Von der im Kreisband umlaufenden Schrift sind nur die Worte „Operatum in regio Ergast ..." erhalten. Im 13. Jahrh. und später ist vom sizilianischen Seidengewerbe nicht mehr die Rede, wahrscheinlich weil seine Bedeutung in dem Maß zurückging, wie die Weberei Oberitaliens in Lucca, Venedig und Genua emporkam.

Leider ist den Stickereien der Reichskleinodien für die Muster der sizilianischen Ge, webe fast gar nichts zu entnehmen, ebensowenig den goldenen Borten, Paragauda oder Auri: frisia, die einen besonderen Zweig der Textilkunst Palermos bildeten. Als ein weit verbrei: tetes Erzeugnis verdienen sie eine kurze Erwähnung, obwohl sie als Bandwirkereien nicht der Weberei im engeren Sinn angehören. Sie sind für die Schuhe und Gürtel des Kaiser; ornats verwendet') und das Grabgewand Kaiser Heinrichs VI (-f- 1197), dessen Überreste aus dem Dom von Palermo in das Britische Museum kamen, ist damit besetzt gewesen. Die ältesten datierbaren Stücke stammen aus dem Grab Rogers I (1054-1101) in Palermo.2) Auch auf außersizilianischen Meßgewändern, wie der Wolfgangkasel in S. Emmeram zu Regensburg und auf einem der gestickten Chormäntel im Bamberger Dom, auf Mitren,) als Stolen und Manipeln sind solche sizilianer Goldborten vielfach erhalten. Den reichsten Besatz von Palermitaner Borten trägt die Bernulphusalba nebst Manipel in Utrecht (Abb. 194, 195, 196). Die Muster stehen entweder in rotweiß:grüner Seide auf dichtem Gold: grund, oder wenn Figuren dargestellt werden, wie die von lateinischen Inschriften beglei; teten Passionsbilder des Bernulphusmanipels in Utrecht, in Gold auf rotem Grund. Daß die Bortenwerkstatt ausnahmsweis auch breite Stoffe gemacht hat, bezeugt der gewirkte Goldstoff auf der Innenseite des Mantels Rogers II in der Wiener Schatzkammer, mit unsymmetrisch gezeichneten, merkwürdig barbarischen Darstellungen des Sündenfalls (Abb. 197).4) Der Stil dieses Stückes berührt sich mit keiner der damaligen Gewebe: gattungen, weder mit byzantinischen noch islamischen Arbeiten. Die einfacheren Orna, mente der schmalen Goldborten bringen zwar inhaltlich ähnliche Motive wie die Weberei der Zeit, Greifen, Vögel, Löwen, Kentauren, Doppeladler, Schlangen, Drachen, einzeln oder paarweis, auch in Kreisen (am Gewand Heinrichs VI), magere Ranken oder Bäum, chen, aber als gewirkte Arbeiten, die immer an einen kleinen Maßstab gebunden bleiben, folgen sie doch einer anderen Stilrichtung als die Rapportweberei, sodaß die ganze Gruppe der Palermitaner Borten uns für die Bestimmung sizilianischer Gewebe keine Hilfe ge: währen kann.

Da somit brauchbare Vergleichstücke von erweislich sizilianischer Arbeit fehlen, steht unsere Zuweisung der nachfolgenden Gewebe an Sizilien auf etwas schwachen Füßen.

Als Ausgangspunkt ist der rote Goldbrokat vom Grabgewand Heinrichs VI (t 1197) aus Palermo (Tafel 45a = Abb. 198, jetzt im Britischen Museum) zu wählen, da seine Her: kunft und Verwendung palermitanische Arbeit zum mindesten sehr wahrscheinlich macht. Die Gazellenpaare stehen zwar den Gazellen auf dem spanischen braunen Damast Tafel 44a (Abb. 191) und auch denjenigen des cordovanischen Doppeladlerstoffes T. 41 (Abb. 185) sehr nahe, sind aber doch in der Zeichnung soviel geringer, daß der Gedanke an eine Nach; ahmung spanischer Vorbilder sich aufdrängt, zumal auch die Vögel etwas steif und unbe; holfen herausgekommen sind. Die Einzelformen der Arabeskenpalmetten könnten ebenso gut in Andalusien gezeichnet sein, für die ganze Einteilung des vegetabilen Elements bieten jedoch die spanischen Stoffe keine Analogie. Kennzeichnend ist, außer dem Fehlen

  1. Bock, Reichskleinodien T. 4.

  2. Danieli, I regali sepolcri T. c. — Siehe auch Kumsch, „Mittelalterliche Flechtgewebe" in der Zeit- schrift für bild. Kunst 1903, S. 308, fig. 7.

  3. J. Braun, Liturg. Gewandung, fig. 225, S. 466, Mitra in Brixen.

  4. Bock, Reichskleinodien T. 1 u. 28.

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