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0080 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 80 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Einklang steht. Die frühe Zeit, die ansehnliche Zahl der Überreste und der Zusammen: hang mit Sizilien lassen natürlich an Lucca denken. Das wird gestützt durch ein Fragment derselben Gattung in der Berliner Stoffsammlung (Abb. 287), auf dem zwischen Hähnen heraldische Lilien und Burgen dargestellt sind. Stoffe mit Burgen und Lilien wurden aber in Lucca gewebt; das bezeugt ein „pannus lucanus ad castella et lilia" im päpstlichen In: ventar von 1295. Wie solche Stoffe aussahen, ist dem Grabmal eines im Jahre 1247 jung verstorbenen Sohnes Ludwigs des Heiligen in S. Denis zu entnehmen. In limusiner Kupfer: schmelz ausgeführt zeigt das Gewand in Rautenfeldern abwechselnd die genannten Wappen; zeichen von Frankreich und Castilien.') Ferner bewahrt die Kirche von Biville eine Kasel aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, die in Stickerei ein ähnliches heraldisches Webemuster wiederholt, Lilien und Kastelle reihenweis mit Löwen und Adlern in Rauten wechselnd.2) Diese beiden Denkmäler geben die Datierung für einige verwandte Gewebe in Brüssel, Wien, Lyon, Berlin, die dasselbe schlichte Rautennetz mit Lilien und Rosetten (Abb. 288), mit Lilien allein (Abb. 289), oder mit Rosetten und Sternen (Abb. 290) aufweisen.3) Natürlich sind so gangbare und namentlich dem Absatz nach Frankreich förderliche Motive wie die Wappenlilie nicht mit dem romanischen Stil aus der italienischen Weberei verschwun: den; auch auf späteren Denkmälern, wie etwa der Figur König Karls VI von Frankreich auf dem Goldenen Rössel von 1403, sind Lilienstoffe noch oft wiedergegeben. Wenn viel: leicht die Kastelle spanischen Wappenstoffen, deren die Kurie 1295 eine Menge besaß, ent: lehnt sein mögen, so hat die Heraldik den luccanischen Webern des 13. Jahrhunderts auch die Anregung zu eigenen, nur für italienische Abnehmer bestimmten Mustern geboten. Da im Kurieninventar von 1295 die luccheser Stoffe mit dem Wappen der Gaetani, das heißt der Familie Bonifaz' VIII, oder mit dem Wappen der römischen Savelli in Posten von 16, 13 und 8 Stücken auftreten, so handelt es sich zweifellos um gewebte Wappen; muster, nicht um Stickerei.°)

Eine Neuerung der italienischen Musterzeichner bilden die in Berlin mehrfach ver, tretenen Stoffe, die die Fläche statt in Kreise in Achtecke zerlegen, welche Adler, Schwäne und andere Tiere enthalten, während die Zwickelfelder für Lilien, Rosetten und dergleichen Raum gewähren (Abb. 291). Einer ähnlichen Geschmacksrichtung entsprangen die Tier, bilder in Quadratfeldern, die in der vorausgehenden byzantinischen und orientalischen Weberei nicht nachweisbar sind. Ich wähle als Beispiel einen schwarzgelben Adlerstoff in Siegburg (Abb. 292), der zugleich ein anderes Merkmal vieler romanischen Stoffe Italiens, die bunte Streifenwirkung, veranschaulicht. Das bequeme Hilfsmittel, die Farbigkeit eines Gewebes durch Streifen zu steigern, lag einer jungen, kaum den Kinderschuhen entwachs senen Webekunst besonders nahe. Diese Zierweise kommt einem noch wenig verfeinerten Geschmack entgegen, wird aber den höheren Vorzügen eines Webemusters, der Klarheit und dem Gleichgewicht leicht gefährlich. Die Italiener des 13. Jahrhunderts waren in der Ausnutzung der Streifenwirkung nicht wählerisch (und die Regensburger Weber sind ihnen darin getreulich nachgefolgt). Bald lassen sie die farbigen Streifen quer mit dem Einschlag, bald der Länge nach mit der Kette über die Muster hinweglaufen (vgl. Abb. 265 u. T. 91 a). Dann wieder, um solche Verundeutlichung der Zeichnung zu umgehen, werden ursprünglich zusammenhängende Muster durch dazwischen eingeschossene Streifen zerlegt (s. Abb. 284, 292). Wie sich dieser Vorgang an einem Kreismuster vollzieht, zeigt ein Seidenfragment des cölner Kunstgewerbemuseums (Abb. 293), dessen Doppeladler noch den alten byzan:

') Willemin, Monuments français I T. 91.

  1. Rohault, La Messe VIII T. 606, VII S. 170.

  2. Katalog Errera nr. 21, 22; ferner Cox, T. 17.

') Inv. nr. 1216: Item XVI pannos virides lucanos magnos ad arma domini comitis Caetani; nr. 1217: Item 13 alios pannos rubeos ad praedicta arma; nr. 1221: Item 8 pannos violaceos ad arma Sabelencia.

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