National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0024 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 24 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000240
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

klare Beispiele der Rautenmuster wähle ich einen blauweißen Stoff in Lüttich (Abb. 228), der sich zeitlich dem Herakliusgewebe anreiht und von jüngerer Arbeit ein gelb und vio: lettes Stück in Marburg (Abb. 229). Hervorragend durch die reiche Zeichnung eines Ro: settenmusters, das in hellen Linien kaum sichtbar sich von tiefviolettem Grund abhebt, ist ein Purpurstoff in Berlin und Düsseldorf (Abb. 230), der dem 11. Jahrhundert angehörend doch noch an die Konsulartogen der Diptychen um das Jahr 500 erinnert. Aus einer jün: geren Gattung von Rosettenstoffen, die wahrscheinlich bis ins 13. Jahrhundert hinein: reicht, sind auf Tafel 55 a—e drei Beispiele der Berliner Stoffsammlung und zwei aus dem Kestnermuseum in Hannover abgebildet. Kennzeichnend ist die Flächenteilung durch ein Netz von Sechsecken oder Achtecken; daß es sich um griechische Arbeiten handelt, wird durch den Stil der Rosetten und Ranken, mehr noch durch die typischen Farben be, glaubigt: das Muster dieser durchweg zweifarbigen Gewebe hebt sich in bräunlichem Pur purrot oder violett oder gelb von schwarzgrünem oder tief blauem Grund ab. Die Man: nigfaltigkeit der ornamentalen Erfindung veranschaulichen ferner die auf Tafel 56 vereinigten Streumuster des 12. und 13. Jahrhunderts. Zeichnung und Farben sind durchaus byzan: tinisch; nur für das Halbseidenstück mit den großen Mondsicheln Tafel 56d kann auch Italien in Frage kommen. Das kleine Maastrichter Fragment Tafel 56 f zeigt auf schwarz; blau in purpurroten Rauten die als Knospen, Blüten oder Pfauenaugen deutbaren gestielten Herzen, die uns schon auf dem Stoff mit Buckelochsen (vgl. T. 51 b, Abb. 218) begegnet

sind. Noch einmal erscheint das beliebte Motiv im Grundmuster der Seidendecke aus dem Grab des Bischofs Gunther von Bamberg (Tafel 57). Als Wirkarbeit liegt dieses Denkmal

außerhalb unseres Gebiets; doch gewähren die reichen Rosetten und Palmetten einen wert: sollen Rückschluß auf die byzantinischen Webemuster derselben Zeit. Die durch das Todes: jahr des Bischofs 1065 gegebene Datierung auf die Mitte des 11. Jahrhunderts wird durch die engverwandten Palmettenfriese der Mosaiken in der 1037 erbauten Sophienkirche von Kiew bestätigt').

Atlasstoffe des 10.-12. Jahrhunderts.

Lediglich auf der Farbe und dem schimmernden Seidenglanz beruht die Wirkung der byzantinischen Atlasgewebe, die mit dem 10. Jahrhundert beginnen. Das spiegelnde Gleißen neuzeitlicher Atlasstoffe erreichen sie noch nicht, doch geht die Weberei schon darauf aus, die Bindungspunkte zu verbergen und den Einschlag in möglichst glatter Fläche glänzen zu lassen. Man kann sie daher am besten als Atlas bezeichnen, obwohl sie mit der Bindung der späteren Atlasgewebe nicht übereinstimmen. Die ungemein dicht und fest gewebten Stoffe sind einfarbig und zwar vorwiegend goldgelb; seltener rot, weiß, violett oder grün. Die rein linearen Muster werden nur durch eine eigentümliche Bindung hervorgerufen, in der Art, daß die Linien in die Fläche eingetieft erscheinen, wie wenn sie in blankes Metall graviert wären; wo sie mit den Kettfäden parallel laufen, bilden sie scharfe Furchen.2) Da man im Abendland für die Kirchengewänder mindestens seit der Karolingerzeit zwar Seiden stoffe begehrte und in Mengen gebrauchte'), jedoch für diesen Zweck bunte Farben und auffällige Muster bis ins 12. Jahrhundert hinein vermied, so boten sich neben den einfarbig

dieses byzantinisch=slavischen Stils sind in der „Collection Kelekian" T. 73 abgebildet. In profanen Erzeug% nissen der russischen Seidenweberei kommen im 16. und 17. jahrhundert türkische und persische Elemente zum Vorschein, während im 18. jahrhundert der französische Einfluß maßgebend wird.

') Diehl, Manuel fig. 233 u. 234.

2) Die Tafel 58, die das Muster der Willigiskaseln in Mainz und München (früher in Aschaffenburg) in halber Größe darstellt, gibt die Technik ziemlich deutlich wieder; bei den Abbildungen 231-233 und bei Tafel 70 mußte die Musterwirkung durch Nachzeichnen verstärkt werden.

") J. Braun, Die Liturg. Gewandung S. 200: Der Zeitgenosse Karls des Großen Angilbert schenkte seinem Kloster S. Riquier „casulae de pallio 30, de purpura 10, de storace 6, de blatta 15, de cendato 5", lauter Seidengewänder.

8