National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0044 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 44 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000240
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

links).') Daß auch der riesige Maßstab des Musters dem byzantinischen Geschmack der vom 10. ins 11. Jahrhundert hinübergreifenden Stilperiode entspricht, geht aus der ganzen hier ge, gebenen Denkmälerübersicht hervor. Schließlich wäre noch eine urkundliche Bestätigung an, zuführen. In Auxerre wird als Sudarium des heiligen Germanus ein Purpurstoff bewahrt, der in der Zeichnung mit der Brixener Kasel völlig identisch ist und nur in der Farbe abweicht, da die Adler gelb mit grünem Kleinod auf rotem Grunde stehen.2) Die alte Ansicht, die den Stoff auf eine Stiftung der Galla Placidia bis ins 5. Jahrhundert zurückführte, ist längst auf, gegeben ; man könnte ihn vielmehr damit in Verbindung bringen, daß der Bischof Hugo von Châlons (999-1039) eine „canula purpurea, quae grandes aquilas coloris coccinei con, textas circumquaque monstrabat" nach Auxerre geschenkt hat.3) Reste eines gleichzeitigen roten Imperialstoffes mit sehr großen gelben Adlern dienen als Einband einer Handschrift in der K. Bibliothek zu Stuttgart (Abb. 252), bemerkenswert dadurch, daß hier ein Teil der Kreisbänder erhalten ist. Die spätere Entartung des Stils der makedonischen Dynastie ver, anschaulicht ein Adlerstoff der Knudskirche in Odense auf Fünen (Abb. 253) mit arg ver, zerrtem Muster, das schwarz auf rot annähernd in der Größe der Brixener Kasel gewebt ist. Als ein Ausläufer der Gattung, vielleicht als eine provinzielle Leistung des 12. Jahrhunderts (man könnte an eine sizilianische Arbeit in der Art des Hexenstoffes Tafel 48, Abb. 209 denken) ist die Hülle der Amandus,Reliquien im Stift S. Peter zu Salzburg anzusehen (Abb. 254). Der stark verwitterte Stoff zeigt in Gold mit etwas weiß auf rotem Grund Doppeladler schwebend auf einem Paar adossierter Leoparden in Kreisen, die von je zwei Schlangen mit Köpfen unten und oben gebildet werden.

Als ein Beispiel des Einflusses solcher Webemuster auf die Stickerei, freilich nur eines unter vielen, mag hier das goldgestickte Pluviale des Metzer Doms erwähnt werden.°) Es galt als Mantel Karls des Großen, auch als Geschenk Harun al Raschids, und der Eindruck der in radialer Anordnung auf roter Seide aus Goldfäden aufgelegten vier Adler strengsten Stils ist in der Tat so fürstlich, daß man an ein durch die Plünderung Konstantinopels 1204 nach Deutschland verschlepptes Beutestück aus dem kaiserlichen Vestiarium denken möchte. Doch fehlt jede Nachricht über die Herkunft des Mantels. Die Zeichnung der Adlerköpfe weist das Stück in das 12. Jahrhundert, und die Ornamente zwischen den Vögeln bezeugen die byzantinische Herkunft. Gewebe der Brixener Gattung haben nicht als Vorbild ge, dient, denn die gestickten Adler in Metz tragen auf der oberen Rundung der Flügel kleine Greifen in Kreisen. Diese finden wir nur auf dem Fragment eines großen Doppeladler: stoffies in Sens, offenbar ein byzantinisches Gewebe von der Art, die der Sticker des Metzer Mantels als Vorlage benutzt hat.5)

Leider sind charakteristische Seidenstoffe des 12. Jahrhunderts aus Byzanz sehr selten geworden; doch lassen sich wenigstens zwei Gattungen feststellen, die den Verlauf der Stil: entwicklung einigermaßen beleuchten. Die Klosterkirche von Brauweiler bei Cöln bewahrt als ehrwürdige Erinnerung an den Abt Bernhard von Clairvaux eine Glockenkasel aus gelbem Seidendamast, die der Heilige dort beim Gottesdienst benutzt hat, als er im Jahre 1146 den Kreuzzug predigend den Rhein herab von Stadt zu Stadt zog. Die Einfarbigkeit erinnert zunächst an die Willigiskaseln, doch weicht die Technik wesentlich ab: Das Muster ist nicht in Linien eingetieft, sondern durch Damastbindung erzielt, die einen Gegensatz zwischen dem glänzenden Grund und der stumpfen und daher dunkel wirkenden Zeichnung

') Ein Fragment des Brixener Stoffes mit einer Rosette besitzt das Kestnermuseum in Hannover.

2) Farbige Abbildung bei Gaussen, Portefeuille archéol. de la Champagne, Tissus T. 16. Siehe auch

Franc. Michel I S. 43.

') Fr. Michel I S. 44. Anm. 2.

') Bock, Reichskleinodien T. 22; Hefner.Alteneck, Trachten des Mittelalters I T. 11.

5) Abgeb. Revue de l'Art chret. Band 61, S. 379.

18