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0058 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 58 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Von genueser Stoffen des 13. Jahrhunderts haben wir nur zwei Beschreibungen, beide geben Kreismuster mit Vögeln, Leoparden und Doppeladlern.')

Bei den venezianer Geweben im Besitz des Heiligen Stuhls sind die Tiermuster mit und ohne Kreise gleichfalls vertreten, wie immer Löwen, Greifen, Adler.2) Daneben finden sich venezianer Stoffe, deren figürliche Darstellungen gleichfalls auf byzantinische Vorbilder zurückweisen. Hierher gehört der Betthimmel Nr. 1437 „de panno venetico rubeo ad figuras Sansonis in rotis de auro", der in anderer Verwendung unter den Geschenken Papst Bonifaz' VIII im Inventar von Anagni (vor 1303) wieder auftaucht: Duo dorsalia rubea ad aurum cum ymaginibus Sansonis, consuta.3) Als Besatzstoff von Meßgewändern erscheint im römischen Inventar mehrfach ein pannus de Venetiis cum rege inter duas ayes sedente ad aurum.') Wenn den Verfassern des römischen Inventars der Sinn des Königs: musters auch nicht klar gewesen ist, so bleibt trotzdem kein Zweifel, daß damit die der byzantinischen Kunst längst geläufige, auf einem Marmorrelief in S. Marco, auf Elfenbein: schnitzereien, auf der Ortokidenschüssel in Innsbruck und anderwärts dargestellte Legende des Pseudokallisthenes von der frevelhaften Himmelfahrt Alexanders des Großen gemeint war. Denn von den Gewändern dieser Folge ist eine Dalmatik wiederum unter den Ge, schenken Bonifaz' VIII in Anagni beschrieben: Dalmatica de samito viridi cum paraturis ad „historiam Alexandri elevati per grifos in aerem". Der venezianer Alexanderstoff ist nicht erhalten ; nur in einer regensburgischen Wiederholung (s. T. 81 a, Abb. 307) ist er überliefert.

Die romanischen Seidenstoffe Italiens kann man auf drei Stilgruppen verteilen, die zwar nicht überall sich scharf von einander abgrenzen, die aber doch die Übersicht erleichtern und die verschiedenen in der italienischen Musterbildung des 13. Jahrhunderts wirksamen Kräfte klarer hervortreten lassen.

Die eine Gruppe vereinigt die Muster byzantinischer Abkunft, die andere die Arbeiten westsarazenischer Stilrichtung und die dritte die selbständigen Schöpfungen der romanischen Musterzeichner Oberitaliens nebst ihren jüngeren Ausläufern. Eine Scheidung des Denk: mälerbestandes nach den Betriebsorten ist mit dieser stilistischen Gruppierung nicht oder doch nur in beschränktem Maß verbunden. Im allgemeinen ist anzunehmen, daß die west, sarazenische Richtung in Anlehnung an spanisch sizilianische Vorbilder entsprechend den tyrrhenischen Handelsbeziehungen der Pisaner und Lucchesen vornehmlich in Lucca ge: pflegt worden ist, während Venedig sich nach seiner Lage und Geschichte naturgemäß mehr an Byzanz gehalten hat. Grade im 13. Jahrhundert hatten die Venezianer eine domi: nierende Stellung im Kaiserreich Romania errungen und das Gebiet der Adriarepublik über Kreta, Euboea und andere griechische Inseln ausgedehnt. Konstantinopel war damals nach Heyd die zweite Heimat der venezianer Kaufleute geworden. Im Einzelfall bleibt indes die Unterscheidung zwischen luccanischen und venezianischen Geweben schwierig, wenn

') F. Michel I S. 88 Anm. 3, Inventar der Londoner Paulskirche: Item capa de panno januensi cum circulis et avibus croceis et leopardis; item unus pannus de Janue rotellatus cum avibus bicapitibus.

  1. Molinier, Inv. nr. 824: Dorsale de panno de Venetiis ad leones cum rotis; nr. 826: dorsale de panno de Venetiis ad leones; nr. 937: tunicellam de diaspro albo antiocheno antiquam cum listis (Besatz= streifen) de panno rubeo de Venetiis ad ayes aureas in rotis, et frixio anglicano; nr. 961: tunica de xamito rubeo cum ornamentis (Besätzen) de panno de Venetiis ad 2 leones in rotis; nr. 975: tunicam et dalmati= cam de canzeo viridi ornatas panno de Venetiis rubeo ad arcus, leones, grifones et aquilas ad aurum, cum frixio anglicano; nr. 1127: coxinum (Kissen) de panno de Venetiis albo cum rotis rubeis et leonibus; nr. 1440: supralectum (Betthimmel) de panno de Venetiis ad rotas albas in quibus sunt ayes duplices.

  2. Didron, Annales archeol. XVIII S. 29.

  3. Inv. nr. 934: Tunicam de panno venetico albo laborato ad grifones, leones et vites ad aurum, or natam ornamentis in quibus sunt reges sedentes in duabus avibus; nr. 992: tunicam et dalmaticam de xamito violaceo ornatas panno rubeo de Venetiis cum rege inter duas ayes sedente ad aurum; nr. 981: plat neta de xamito violaceo laborato cum rosis, vitibus et regibus sedentibus ad aurum.