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0070 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 70 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Beschreibung im päpstlichen Inventar von 1295 (nr. 1229) überein: „Item unum diasprum lucanum endicum ad ayes rubeas in rotis, cum capitibus et pedibus ad aurum." Nur die Grundfarbe ist hier ausnahmsweise blau statt grün. Noch genauer ist eine Beschreibung desselben Musters im Schatzverzeichnis der Peterskirche von 1361: „Item una tunicella de dyaspero laborato ad rotas et compaxus (kann sowohl Vierpässe wie Zwickelfelder bedeuten) de serico rubeo in campo de serico viridi per totum, cum avibus in ipsis rotis, capitibus, pec, toribus et pedibus deauratis, et stellis in ipsis compaxibus de auro." ') Dann ist eine fran, zösische Rechnung vom Jahre 1317 anzuführen: „2 dyapres de Luques à oysiaus dont les testes et les esles sunt d'or; — 3 dyapres sur champ vert et vermeil à oyseaus goutés d'or" 2). Zu dem Papageienstoff Abb. 274 gehört ein im Muster abweichender, in der Textur je= doch identischer rotgrüner Diasper mit Goldköpfen in der Stoffsammlung Kelekian3); hier sind die Papageien in die Zwickelfelder versetzt, während die Kreise Greifenpaare um, schließen, deren byzantinisierender Stil den Stoff noch in das 13. Jahrhundert verweist.

Mit diesen Kreisstoffen hängen die weißen oder farbigen Diaspra Tafel 85 (Abb. 275) und Tafel 86 aufs engste zusammen. Die Muster zeigen ohne Kreisteilung übereinander geordnet Vogelpaare — Papageien, Adler oder Pfauen — und gegenständige Gazellen, die in den Inventaren des 14. Jahrhunderts Hirsche genannt werden. Dazwischen spitzovale Blattformen mit konzentrischer Ornamentfüllung, in den alten Verzeichnissen als „Pinea", Pinienzapfen, bezeichnet, und grundfüllendes Rankenwerk. In der Regel sind die Köpfe, Füße und Flügelschilder, oft auch die Mittelblätter in den Spitzovalen aus Gold broschiert. Die reliefbildende Damastbindung, der Stil der Vögel und Ranken sind den Kreismuster: diaspern Abb. 274 so gleichartig, daß beide Gruppen unweigerlich demselben Betriebsort zugewiesen werden müssen. Ist die eine Gattung luccanisch, so muß es auch die andere sein. Dafür bietet das Schatzverzeichnis der Peterskirche von 1361 wieder die urkundliche Be, stätigung. Es enthält Meßgewänder aus goldbroschiertem Diasprum mit Vögeln und Hirschen in größter Zahl, und dreimal ist dabei die luccanische Arbeit ausdrücklich angegeben: „Item una planeta de diaspero albo de opere Lucano laborato ad ayes et cervos per totum, cum capitibus et pedibus et summitatibus alarum avium de auro, et ad flores aureos in qui, busdam pineis insertis, cum pulcro aurifrisio de opere Senensi." Ferner „Una planeta de dyaspero albo de opere Lucano laborato ad ayes et cervos cum capitibus et pedibus et ro, tunditatibus alarum avium et quibusdam parvis floribus de auro." Schließlich „Pannus de dyaspero novus de opere Lucano competenti ad ayes et cervos de serico rubeo, cum capiti, bus et pedibus de auro et sumitatibus alarum, in campo de serico viridi.4)"

Die Erfindung dieser überaus beliebten Mustergattung können die Luccheser nicht für sich beanspruchen. Sie geht vielmehr auf spanisch,sizilianische, oder allgemeiner ge, sagt westmuslimische Vorbilder zurück. Als Prototyp ist der seinerseits auf ein altorientalisches Motiv zurückdeutende Doppeladlerstoff in Siegburg (Tafel 46=Abb. 200) anzusehen, dessen Doppelvögel die weitere Entwicklung in Vogelpaare zerlegt hat. Diese Spaltung hatte sich schon während des 12. Jahrhunderts in dem Palermitaner Brokatstoff aus dem Grab Kaiser Heinrichs VI (Tafel 45a=Abb. 198) vollzogen. Im Siegburger Gewebe sind die Pinea oder Spitzovalblätter mit konzentrischer Füllung und die gegenständigen Gazellenpaare mit den

städtischen Museum zu Barcelona, abgeb. Catalogo de Tejidos nr. 1. — Viel verbreitet und noch heute im Kunsthandel umlaufend sind künstlich verblichene Fälschungen dieses Stoffes aus dem 19. Jahrhundert, von den Originalen durch das Fehlen der typischen Reliefbindung zu unterscheiden. Eine solche Nachahmung ist abgebildet in Hirths Formenschatz 1907 nr. 102.

') Müntz e Frothingham, Il Tesoro di S. Pietro in Vaticano S. 35.

  1. Gay, Glossaire S. 550.

  2. Farbig abgeb. La coll. Kelekian T. 22.

') Müntz e Frothingham, Tesoro di S. Pietro S. 36, 39, 45.

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