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0097 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 97 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Abb. 295 und dem Halberstädter Kelchtuch Abb. 296 zu trennen. Stilistische Unterschiede sind hier ebensowenig vorhanden, wie zwischen den Löwen von S. Rambert (s. Abb. 294) und dem großartigen Löwenstoff in Berlin Tafel 100 und 101 (Abb. 311).1) Die Textur ist wie gesagt der alleinige Anlaß, die stilverwandten Ganzseidenstoffe diesen regensburger Ge, weben nicht hinzuzuzählen. Ein Hauptstück der Gruppe ist das Antependium im Kloster Lüne bei Lüneburg (Tafel 102=Abb. 312), 2,70 m zu 1 m groß, mit goldenen Löwenpaaren in Kreisen und etwas mühsam in die Zwickelfelder gezwängten Greifen auf gelbem Seidengrund.

Die aus Italien übernommene Neigung für Streifung vermittels farbiger Seidenschüsse kommt an den regensburger Geweben öfter zur Geltung (vgl. die Falkenjäger T. 97a und die ornamentalen Muster T. 94 c, T. 104 b); bei dem Braunfelser Stoff mit Straußenpaaren unter Palmen ist sie bis zur Zerstörung der Musterwirkung gesteigert (Tafel 103), ebenso an einer ähnlichen regensburger Kasel der Berliner Stoffsammlung.

Kleine Stücke von regensburger Halbseidenstoffen gibt es noch in beträchtlicher Zahl, die auf einen recht mannigfaltigen Musterschatz schließen lassen. Sie bringen Nach; bildungen der italienischen Rautenmuster gleich T. 83c, Tierbilder in Verbindung mit romanischen Ranken (Tafel 104 b) oder mit geometrischen Motiven (Tafel 104 a = Abb. 313), dann rein ornamentale Muster aus Rosetten und Sternen in Achtecken (Abb. 314) oder in Kreisen (Tafel 94 c = Abb. 315). Das letzte Stück ist beachtenswert deshalb, weil es sich noch in Regensburg selbst, als Bezug eines Reliquienkästchens im Domschatz vorfindet und weil das Altarbild Bischof Heinrichs dieselbe Webekante aufweist. Alle diese Muster, von den Figuren bis zu den Ornamenten, halten sich innerhalb der Grenzen des romanischen Stils; auch die Stücke mit spitzovaler Flächenteilung (Abb. 316) sind noch im 13. Jahr: hundert denkbar. Von dem Stoff T. 104 a (Abb. 313) gibt es zwar in dem spanischen Kloster San Cucufate de Valles eine Kasel, die der Abt Arnaldo de Biura trug, als er im Jahre 1351 umgebracht wurde.2) Das beweist jedoch nichts gegen die Entstehung des Stoffes im 13. Jahrhundert, denn Meßgewänder aus den schweren und dauerhaften regensburger Geweben konnten leicht 50 Jahre und länger im Kirchendienst gebraucht werden. Da die ganze regensburger Denkmälergruppe nicht ein gotisches oder gotisie: rendes Muster enthält, ist eine über das 13. Jahrhundert hinausreichende Betriebsdauer nicht wahrscheinlich.

Als der Sitz der Weberei ist das durch seine Kunstpflege altberühmte Kloster S. Emmeram angesehen worden.3) Ein so ungewöhnliches, zur Vervielfältigung ungeeignetes Einzelwerk wie der Altaraufsatz legt im Verein mit den rein kirchlichen Bildmustern, den Marienstoffen und dem Gewebe mit der Geburt Christi, zunächst in der Tat den Gedanken an eine Kloster: werkstatt nahe, die nur der Kirche dienend nicht auf geschäftlichen Nutzen und Absatz: fähigkeit zu sehen brauchte. Trotzdem kann ich diese Meinung nicht mehr aufrecht halten. Neben den Stücken mit kirchlicher Darstellung und den neutralen Tiermustern stehen die profanen Gewebe mit der Falkenjagd und der Alexandersage. Zwar widerstrebten auch solche Muster kirchlicher Verwendung nicht, doch waren sie in erster Linie für weltliche Abnehmerkreise bestimmt. Zudem sind die regensburger Halbseidenstoffe in solchen

') Der Stoff ist im Rheinland gefunden worden. Große Stücke besitzen außer der Berliner Stoff sammlung die Museen in Brüssel, Katalog Errera S. 23 und Chicago. Der Rapport mißt 55:60 cm. Der Goldfaden ist bis auf die Leinenseele abgerieben, so daß das Muster jetzt weißlich auf grünem Grunde steht. Wenn die Beschreibung unserer Tafel das Muster auf einen altorientalischen Typus zurückführt, so ist das nur so aufzufassen, daß die italienische Vorlage, etwa von der Gattung des Brokats Tafel 82 (Abb. 269), ihrerseits an byzantinische Muster anknüpft, in denen orientalische Überlieferungen fortlebten.

  1. Catalogo de Tejidos del Museo de Barcelona S. 7.

  2. Jakob, Zeitschrift für christl. Kunst I S. 432.

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