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0107 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 107 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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decken. Auch fehlen chinesische Gewebe früher Zeit im Abendland vollständig; die ältesten und reichsten Textilschätze Europas, Sens, Aachen, die Kapelle Sancta Sanctorum, Cöln,

Siegburg, vereinigen antinoische und alexandrinische, sassanidische, byzantinische und

muslimische Erzeugnisse; von ostasiatischen Arbeiten des hohen Mittelalters nicht das kleinste Stück. Zwar bewahrt die Frauenkirche in Maastricht ein Gewand aus chinesischer

Seidengaze, das dem heiligen Lambert (7. Jahrhundert) zugeschrieben wird. Aber das beruht nicht auf alter Überlieferung, und das Damastmuster spricht eher für das 14. Jahr hundert als für das hohe Mittelalter; seine Blattformen kehren auf chinesischen Seiden: damasten aus ägyptischen Gräbern der späteren Mamlukenzeit wieder.1)

Von 1300 an ist dagegen an chinesischen Stoffen in den Kirchenschätzen kein Mangel. Die Alte Kapelle in Regensburg bewahrt einen ganzen Satz von Kaseln und Dalmatiken,

in Perugia, Bern, Braunschweig, Danzig, Stralsund, Brandenburg sind Meßgewänder des

14. Jahrhunderts entweder ganz aus chinesischen Stoffen oder mit Besätzen von solchen vorhanden. Auch die Kaiserdalmatik des deutschen Krönungsornats ist im 14. Jahr;

hundert aus chinesischem Seidendamast gefertigt worden. Dazu kommen kleinere Stücke

gleichartiger Gewebe in den Stoffsammlungen von Berlin, Nürnberg, South Kensington, Krefeld, Cöln, Düsseldorf. Der Bestand ist um so ansehnlicher, als diè chinesischen Seiden=

stoffe sich nicht durch besonders dauerhafte Arbeit auszeichnen. Vermutlich hat die Ein; fuhr schon vor 1300 begonnen; es ist wahrscheinlich, daß die sehr umfangreiche Rubrik der Panni tartarici im päpstlichen Schatzverzeichnis vom Jahre 1295 neben ostislamischen

auch chinesische Stoffe mit umfaßte. Doch läßt sich von den erhaltenen Stücken nichts mit Sicherheit ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen.

Die Ursache des stark anwachsenden Zu: stroms chinesischer Erzeugnisse um 1300 lag in den bekannten politischen Veränderungen, die sich während des 13. Jahrhunderts in Asien vollzogen hatten. Die von den Nachfolgern Dschingiskhans aufgerichtete Mongolenherr: schaft reichte von China bis Kleinasien und Mesopotamien; dem Verkehr und Austausch zwischen West und Ost war Tür und Tor gei öffnet und schon damals begann, wie kera: mische Denkmäler lehren, der chinesische Naturalismus die iranische Kunst zu befruch: ten. Wie einst der Vorstoß Alexanders des Großen der griechischen Kunst den Weg nach Indien geöffnet hatte, so kam jetzt die ost. asiatische Kunst wieder im Gefolge eines Welt: eroberers nach dem Westen. In den Nordwest: provinzen Persiens mit ihrer ausgedehnten Seidenzucht pflegten die Italiener ihren Roh: stoffbedarf vôrnehmlich zu decken, und dieser Handel wies auch den chinesischen Geweben und ihren persischen Nachahmungen den Weg

') Vgl. J. Braun, Zeitschrift für christl. Kunst 1899, S. 375 u. Liturg. Gewandung S. 261; das Muster ist deutlich abgebildet von Dreger in Kunst und Kunst= handwerk 1905, S. 649.

Abb. 324. Seidenstoff; Drachen und Lotusranken; China
Spätmittelalter. Kgm. Cöln.

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