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0114 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 114 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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dargestellt sind, lauter Motive, die in luccanischen und venezianischen Stoffen des 14. und 15. Jahrhunderts wiederkehren. Als späte und schon kleinlich gewordene Ausführung eines älteren Typus mag hier noch ein chinesischer Brokat Platz finden (Abb. 330). Auf Felsen wachsen Stauden mit großen Blüten und Früchten, zwischen deren Geranke drachen= köpfige Pferde, genannt Lungma, sich gegeneinander gewendet abwärts und aufwärts be= wegen; Wolken mit flackernden Ausstrahlungen füllen den Zwischenraum. Die fliegenden Mähnen und Zotteln dieser Fabeltiere, die bei den Khilins meist noch stärker entwickelt sind (Abb. 331), haben sich unter der Hand italienischer Musterzeichner oft zu Flügeln und allerlei seltsamen Anhängseln verwandelt.

Von den chinesischen Damastseiden, welche ihre Muster nur in einer Farbe durch die Bindung herstellen, haben sich Überreste nicht bloß in europäischen Kirchen, sondern auch in sarazenischen Gräbern Ägyptens, namentlich in El Azam und Dronka bei Siut gefunden:) Da sie zusammen mit islamischen Kopien, welche den Namen des Mamlukensultans Mu, hammed Nasir (1293-1340) tragen, gefunden wurden, kann über die Datierung der chine, sischen Originale auch kein Zweifel obwalten. Das vorherrschende Muster bilden an ge= schlängelten Stengeln Lotusblüten, die im Herzfeld chinesische Schrift enthalten (Abb. 332). Bei einigen Stücken ist im Grunde das buddhistische Symbol aus drei von Flammen um: züngelten Kristallkugeln eingewebt, aus dem in Italien das besonders bei den venezianer Webern sehr beliebte Motiv der strahlenden Halbmonde entstanden ist.) Besondere Be, achtung verdient ein Fragment des Berliner Kunstgewerbemuseums (Abb. 333), weil hier bereits das fünffach gelappte Blatt auftaucht, das im 15. Jahrhundert als Unterlage oder Einfassung der spätgotischen Granatapfelmotive eine so große Rolle gespielt hat. Auch die Längsspaltung der Ranken durch eine Mittellinie ist eine ostasiatische Eigentümlichkeit, die in vielen Rankenmustern Italiens als Leitmotiv des chinesischen Einflusses verfolgt werden kann.

Die äußerlich prächtigsten Erzeugnisse der ostasiatischen Seidenkunst des 14. Jahrhunw derts umfaßt die Gruppe derjenigen Riemengoldbrokate, die nicht mehr in rein chinesischem Stil, sondern als Ausfuhrware für den islamischen Markt geschaffen worden sind. Wie das bei vielen Porzellanen von der Mingzeit an zu bemerken ist, hat die Rücksicht auf den Gei schmack ausländischer Abnehmer nicht nur die Aufnahme fremder Zierformen, hier der arabischen Schrift, sondern auch eine Übertreibung der Prächtigkeit und Neigung zu schreiender Wirkung im Gefolge. Die Hauptstücke sind zwei Kaseln und zwei Dalmatiken in der Alten Kapelle zu Regensburg (Tafel 111, Abb. 335-341), eine Kasel im Museum zu Braunschweig (Abb. 342), eine andere in Kulm ;3) dazu gehören Fragmente in Berlin, Danzig, Krefeld, Basel (Tafel 112b) und im South Kensington Museum. Gemeinsame Merkmale sind arabische Inschriften, das Riemengold, chinesische Ornamente und die bunte Streifenmusterung.

Den besten Anhalt zur Zeitbestimmung gibt der Papageienstoff in Danzig und Berlin (Tafel 109=Abb. 334). Das Hauptmotiv sind adossierte Vögel, Gold auf schwarz mit weißen Augen in zwölffach abgeschrägten Runden; die Zwickel enthalten Drachenpaare und flammende Palmetten. Die Flügelschilder der Papageien — ein westmuslimischer, völlig unchinesischer Zierat — tragen in der Mitte ziemlich entstellt das kufische Schrift: zeichen Muhammed und umlaufend die arabische Widmung „Ruhm unserem Herrn dem Sultan dem König dem Gerechten dem Weisen Nasir eddin". Muhammed Nasir eddin, der Sohn Sultan Kalauns, bestieg neunjährig im Jahre 1293 den Thron von Ägypten und Syrien, wurde vertrieben und 1298 durch syrische Anhänger wieder zurückgeführt, im

  1. Beispiele in Düsseldorf, Brüssel, South Kensington Museum, Kaiser Friedrich Museum u. a. O.

  2. Dreger S. 125.

  3. J. Braun, Lit. Gew. S. 188, Anm. 2.

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