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0173 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 173 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Falken vom orientalischen Einfluß gänzlich befreit, haftet aber mit den Lotusblüten auf den längsgespaltenen Ranken noch fest am sinopersischen Vorbild.')

Der grünweiß;rote Seidenstoff Abbildung 417 führt uns in den Einflußbereich der westmuslimischen Gewebe hinüber. Es ist begreiflicherweise nicht immer zu unterscheiden, ob der italienische Weber sich mehr an ein chinesisches oder ein iranisches oder mamluki: sches Original gehalten hat. Hier ist doch das letztere anzunehmen, weil dieselbe Werkstatt noch andere Stoffe von vorwiegend westsarazenischem Gepräge geliefert hat. Dazu gehört das Aachener Fragment Tafel 149 b mit kufischer und pseudoarabischer Schrift und arabesken; haften Lotusblüten, und die beiden grünweiß:roten Stücke auf Tafel 150a b. Das untere Muster kommt als unsichere Rekonstruktion nicht weiter in Betracht; das obere jedoch zeigt in den Bändern, welche die spitzovalen Füllstücke mit pseudoarabischer Schrift um: rahmen, ein Netz: oder Gittermuster wie die ägyptischen Mamlukenstoffe Abb. 362 und 363. Noch abhängiger von den letzteren ist der Brokat Abb. 418 mit adossierten Khi: lins (ähnlich dem Mamlukenstoff T. 121 b) und aus dem Fonghoang umgebildeten Basi. liskenpaaren. Es gibt noch ein paar Spielarten dieses Musters,2) auf denen der Fonghoang weniger italianisiert ist. Ein gutes Beispiel der freieren Benutzung eines sarazenischen Mu, sters gibt Tafel 151 a. Das Mittelmotiv, ein aus Flammen aufsteigender Leopard mit lateini: schem Spruchband (nur das Wort Amor ist lesbar), ist eine italienische Impresa; alles andere, die Lotusblüten im achtspitzigen Stern auf Gittergrund, ist augenscheinlich einem Sarazenen, stoff gleich Abb. 365 entnommen. Das daneben abgebildete Gewebe Tafel 151 b sieht auf den ersten Blick stilverwandt aus, weil wieder ein italienisches Motiv, Löwen an einen Eich: baum gekettet, in Runden über einen geometrischen Schachbrettgrund verteilt ist. Doch ist die Anregung eher von Ostasien ausgegangen; in der islamischen Ornamentik ist wenig: stens Ahnliches nicht zu finden. Westsarazenische Formen mit italienischen Elementen ver: bunden, lassen sich ferner in dem später zu besprechenden Seidendamast Tafel 122 b nach, weisen, dann in einem grüngelben Chormantel des Turiner Museums (Abb. 419), auf dem die andalusischen Pfauenpaare mit verschlungenen Hälsen (vgl. Abb. 179) wieder zum Vor: schein kommen. Zu den Anleihen aus dem spanischen, also mittelbar westislamischem Formenschatz kann man noch eine Gruppe italienischer Seidenstoffe des 15. Jahrhunderts rechnen, die ein den spanischen Futterstoffen sehr geläufiges Muster (vgl. Abb. 381) aus Rundmotiven zwischen gestreckten Arabeskenblättern verarbeiten (Tafel 152 = Abb. 420). Die überlegene Kunst der Italiener hat die Zeichnung veredelt, ohne jedoch das arabesken: hafte Gepräge ganz zu verwischen. Die auf Tafel 152 dargestellte Danziger Kasel ist zwei: farbig, blau auf schwarz; Spielarten davon in Brandenburg und Halberstadt sind als ein; • farbiger Damast, grün oder gelb oder blau gewebt. Solche Damaste sind zwar weniger selten als die erstgenannten Zeugnisse muhammedanischen Einflusses, aber sie ändern nichts an der Tatsache, daß die islamisierenden Muster in Italien neben der chinesisch gotischen Richtung nur eine schwache Seitenströmung gebildet haben. Auf die wesentlichen Eigen: schaften des spätmittelalterlichen Seidenstils hat die alternde Kunst des Islam nicht mehr mitbestimmend eingewirkt.

3. Der frühgotische Seidenstil im 14. und 15. Jahrhundert.

Es ist schwierig, für den halb gotischen halb chinesischen Seidenstil der Italiener einen treffenden Namen zu finden, der zugleich den Ursprung, das Wesen und die Geltungsdauer bezeichnet. Man kann sich nicht mit einem „Trecentostil" behelfen, weil die Wende des

') Vgl. die Lotusblüten Abb. 345. — Das Rautenmuster Tafel 148a hängt wohl unmittelbar, ohne mu, hammedanisches Zwischenglied, mit einem chinesischen Muster zusammen. 2) Fischbach T, 143 b.

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