National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0184 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 184 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000240
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

Seidendamaste anzuführen, von denen viele sich durch eine der zarten Textur angemessene ungemein feine Musterung auszeichnen.

Aus diesen Verschiedenheiten der Textur und Färbung darf man, wie gesagt, nicht auf verschiedene Herkunft oder auf zeitliches Nacheinander schließen. Die Sache liegt nicht so, daß etwa ein Betriebsort nur Brokate, ein anderer die broschierten Stoffe und ein dritter die Damaste gewebt hätte, sondern die hohlgewebten Brokate, die rotgrün;weißen Seiden: stoffe mit und ohne Gold, die einfarbigen Damaste finden sich ebenso in der Denkmäler: gruppe des luccanischen wie der des venezianischen Stils. Das ist auch selbstverständlich, da zum mindesten die großen, für den Weltmarkt arbeitenden Seidenstädte dem Bedarf des Handels an reichen und schlichten, teueren und billigen, schweren und leichten Geweben entgegenkommen mußten. Es sei daran erinnert, daß auch die luccanischen Diasper in ver: schiedener Ausführung als Damaste, rotgrüne Gewebe und als Brokate (vgl. Tafel 87a) vorkommen. Es ist ferner festzustellen, daß manche Unternehmer in ihren Werkstätten ver: schiedene Texturen arbeiten ließen. Denn viele Muster sind in den drei gangbarsten Aus: führungen erhalten: als Goldbrokat oder Silberbrokat von roter, grüner oder weißer Grund: farbe, dann als rotgrün:weiße Gewebe mit oder ohne Goldbroschierung und schließlich als blaugrün:weiße Seidenstoffe. Dabei sind die Muster in den verschiedenen Bindungen so genau wiederholt, daß an Nachahmungen verschiedener Werkstätten nicht zu denken ist.

Die zweite Stufe der luccanischen Musterentwicklung vertritt eine Reihe von Brokaten, die mit den bisher vorgeführten Stoffen noch die Symmetrie und manche ornamentalen Einzelheiten gemeinsam haben, während sie durch dichtere, vollere Musterung und beson: ders phantastische Bildungen sich von ihnen unterscheiden.

Das Hauptmotiv des Brokats Tafel 162 (Abb. 432) bilden dreitürmige Burgen, aus denen Kettenhunde und Löwen hervorkommen. Den Zwischenraum füllen gegenständige Greifen unter Blattwedeln und Basilisken unter Federn. Das ostasiatische Element ist stark unterdrückt; nur die Zottigkeit der Basilisken, die gespaltenen Hufe und die Beinstellung der Greifen zeigen an, daß hier Drachen und Khilin in die italienischen Fabelwesen um: gezeichnet worden sind. Noch selbständiger, abendländischer erscheint das Muster eines Chormantels in Brandenburg (Tafel 163), das aus gotischen Türmen, Sicheln mit fast roma= nischer Rankenfüllung und aus Zelten sich zusammensetzt, auf denen Affen festgebunden sind. Für die freie Gestaltungskraft der von China zwar befruchteten, aber keineswegs be, engten Zeichner sprechen ferner die Danziger Brokatkasel Tafel 164 und der Chormantel Tafel 165. Auf der ersteren (Abb. 433) verbinden sich Palmetten aus gotischen Blättern und Lotusvariationen mit Flügelhunden und Rehen, in deren hochfliegenden Mähnen die flackernden Zotteln des Khilins nachwirken. Der Chormantel Tafel 1651) ist augenschein: lich von demselben Zeichner; das fliegende Gelock hat ihm den Gedanken nahegelegt, dem Reh noch einen Frauenkopf anzufügen. Wie die Panterpaare, das gotische Geäst und die pseudoarabischen Spruchbänder, so verraten auch die großen in Flügel auslaufenden Pal, metten keinen Zusammenhang mehr mit chinesischen Formen. Doch fehlt es nicht an Zwischenstufen (Abb. 434, Kasel im S. Kens. Museum), bei denen die durch den oberen Blattumschlag romanisch anmutende Palmette unten noch Lotusform aufweist. Solche Lotus; rudimente sind, wie an vielen anderen Stoffen, auch bei den blattförmigen Ornamenten des Danziger Silberbrokats Tafel 166 (Abb. 435) noch vorhanden, der zu den Meisterstücken frühgotischer Zeichenkunst zählt. Mit bewundernswertem Geschick sind die Drachen und die lebendig bewegten Vögel in die entschieden gotisierten Blattfelder eingefügt, die Ahren: bündel und Flügelpaare als Grundfüllung entworfen.2) Aus demselben Geist ist das Segel:

') Dasselbe Muster ist in der Berliner Stoffsammlung als rotgrün=weißer Seidenstoff vorhanden.

2) Die Marienkirche in Danzig besitzt dasselbe Muster auch ohne Metallfaden, grün mit weiß auf violettem Grund gewebt.

82