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0213 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 213 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Düsseldorf (Abb. 467). Dieser hängt wieder mit dem Schwanenstoff Tafel 142 b, mit dem Stralsunder Rankenstoff Tafel 143 L) und mit der Stralsunder Kranichdalmatik Tafel 141 (Abb. 396) zusammen.2) Diese Gruppe zeigt uns also den venezianischen Stil im späten Trecento auf der Stufe, wo er noch mit chinesischen Vorbildern unmittelbare Fühlung hat. Höchst wahrscheinlich sind auch die etwas älteren Nachahmungen chinesischer Stoffe Abb. 385 bis 392, die in dem Abschnitt über den chinesischen Einfluß vorgeführt wurden, in Venedig gewebt worden, da sie in der Textur und ornamentalen Einzelheiten mit den vene, zianischen Tiermustern des 15. Jahrhunderts viel Gemeinsames haben. Doch lassen sich dafür ganz überzeugende Gründe nicht beibringen.

Viel deutlicher fallen die gemeinsamen venezianischen Kennzeichen ins Auge, wenn man mit dem Gondelmuster seine gleichzeitigen Verwandten zum Vergleich zusammenstellt. Aus ihrer großen Menge können nur typische Beispiele vorgeführt werden. Hierbei sind als Leitmotiv vor allem die Aste mit den herzförmigen Blättern und den runden Früchten festzuhalten, die in Blattkelchen sitzend bald Mispeln oder Granatäpfeln, bald Mohnköpfen gleichen. Die Blätter sind rundlich gekerbt und mit Andeutung der Blattrippen oder son, stiger Innenzeichnung versehen, zuweilen glattrandig gleich Fliederblättern. Unsere Tafeln enthalten davon nur ein charakteristisches Stück, das Danziger Antependium Tafel 142 a (Abb. 468). Bei dem schwarzen Goldbrokat Abb. 469 in London verrät sich der Meister des Gondelmusters auf den ersten Blick durch die Zeichnung der Falken (wieder mit der Schelle behängt) und der Schwäne; auch die Anreihung der Abbildungen 470, 471, 472 be, darf keiner eingehenden Begründung.3) Der weiße Goldbrokat Tafel 169b verbindet ein aus älteren luccanischen Stoffen herrührendes Motiv, das zum Brunnen unter der Burg lau: fende Leopardenpaar, mit den typisch venezianischen Pflanzenformen ; von letzteren ist die unter der Frucht herabhängende Blüte, auf dem Gondelbrokat noch pfaufederartig wie im Trecento, hier bereits ausgesprochen spätgotisch umstilisiert.

Um die Mitte des 15. Jahrhunderts werden die in obigen Beispielen einseitig ent, worfenen Motive in symmetrischer Verdopplung dargestellt. Den unsymmetrischen Bro, katen Abb. 320, 469, 470 und 471 entsprechen die gegenständigen Stoffe Abb. 473, 474, 475,4) 476 mit ganz verwandten Motiven.$) Dieses Bestreben, den bewegten Tiermustern wieder den ruhigen Halt des Gleichgewichts zu verleihen, hängt sicherlich mit den Regungen der Frührenaissance zusammen, die ja auch auf anderen Gebieten die gotische Unsymmetrie verwirft. Denn gleichzeitig wird die in vielen dieser Stoffe, wie im Gondelmuster, noch asiatisch angehauchte Palmette der antiken Form wieder angenähert (Abb. 477).6)

Am Ausgang des 15. Jahrhunderts hat innerhalb der Tiermuster die Symmetrie die Oberhand gewonnen, ohne jedoch die einseitigen Bilder ganz zu verdrängen. Auf einem Altarbild im Museum zu Münster (Inv. 31) vom Meister des Schöppinger Altars um 1475

I) Man vergleiche die hängende Blüte zwischen den Leoparden T. 143 mit derselben pfaufederähnlichen Form, die aus dem Gewässer des Gondelmusters Tafel 184 (Abb. 465) herabhängt, ferner den ganz lockeren Goldfadeneinschlag mit der Halberstädter Kasel Abb. 466.

  1. Zu beachten ist die Wiederholung des traubenförmigen Blattbündels hinter den Kranichen Abb. 396 und auf dem Brokat Abb. 470, dessen Zusammengehörigkeit mit dem Gondelmuster ohne weiteres einleuchtet.

  2. Hierher gehört noch die Abbildung 320. Ferner sind verwandte Muster abgebildet bei Fischbach, Ornamente der Gewebe 1874, T. 58 a, 31, 11a, 50a, 39b, 26a; im Katalog Errera nr. 48, 48a, 50; bei Dreger T. 112. — Bei aller Stilgleichheit ist die künstlerische Ausführung dieser Muster recht verschieden ; die Gruppe umfaßt also vermutlich nicht bloß die Entwürfe eines einzelnen Musterzeichners, sondern auch Arbeiten seiner Nachahmer und Schüler.

') Ein verwandtes Muster auf dem Altar des Hans Multscher (t um 1465) im Kaiser Friedrich Museum.

  1. Weitere symmetrische Beispiele bei Fischbach T. 23, 127a, 140b, 143 c und d, 42a; bei Dreger T. 106, 137; im Katalog Errera nr. 43a, 45, 54.

  2. Vgl. auch Fischbach T. 143c, Kat. Errera nr. 43a; Dreger T. 106.

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