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0214 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 214 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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sind beide Arten nebeneinander dargestellt ; ein Gewand zeigt leicht verändert das Muster Abb. 320, ein anderes eine Variante von Abb. 473. Die Datierung wird durch ein Frankfurter Gemälde

der Grablegung Christi aus der Zeit um 1480 be, stätigt, auf dem als Hintergrund ein Brokat ähnlich der Abb. 473 zwar unvollständig, aber doch so wiedergegeben ist, daß man den venezianischen Stil noch gut erkennen kann (Abb. 478). Zum letztenmal finde ich ein unsymmetrisches Seiden; muster in der Art von Abb. 470 im Jahre 1525 auf dem Essener Altar des Bartel Bruyn als Ge, wand eines der heiligen drei Könige dargestellt.') In die Spätzeit des 15. Jahrhunderts fällt ferner der

großartig gezeichnete Seidenstoff Abbildung 479,2) mit Hunden und einem von Wellen umspülten Gehege, aus dem ein Baum mit den gekerbten Blättern aufwächst. Das Berliner Kunstgewerbemuseum besitzt außer dem venezianischen Original eine Nachbildung des Musters in einem deutschen Wollgewebe (vgl. Abb. 555), das Bartholomäus Zeitblom im Jahre 1497 auf seinem Heerberger Altar in Stuttgart abgemalt hat.

Während einerseits die Frührenaissance die nachlebenden Trecentomotive glättend und symmetrisierend ummodelt, ist gleichzeitig auch die Spätgotik tätig, sie in ihrem Sinn zu verarbeiten. Das Ergebnis ist eine Gruppe von Brokaten, welche die Tierbilder und vene• zianischen Pflanzenformen mit dem spätgotischen wuchtigen Astwerk verbindet. Da das letztere die Musterwirkung entschieden beherrscht, die Tiere dagegen zum untergeordneten Beiwerk herabsinken, so ist es besser, diese Gattung (vgl. Abb. 507, 508) bis zur Behand; lung des rein spätgotischen Seidenstils zurückzustellen.

Vorerst müssen wir wieder bis an den Anfang des 15. Jahrhunderts zu einer Reihe von Seidenstoffen zurückkehren, die ein dem Gondelmuster vorhergehendes Ubergangsstadium zwischen dem luccanischen und venezianischen Stil veranschaulichen. Bei dem Goldbrokat des Braunschweiger Museums Tafel 185 ist die Entscheidung zwischen Lucca oder Venedig sehr schwierig. Die feindlich gegeneinander stehenden Schwäne und Hunde, Adler und Leoparden sehen noch echt luccanisch aus, nur das kleine Blattwerk und die großen Blatt; bündel nähern sich mehr dem venezianischen Geschmack. Merkwürdig ist die Versteifung der parallelen Rankenwellen zu eckig gebrochenem Astwerk; darin äußert sich ein so fort, geschrittenes gotisches Empfinden, daß man den Stoff nicht mehr ins 14. Jahrhundert setzen darf. Ahnlich steht es mit dem rot•grün,weißen Seidenstoff Tafel 186. Wieder deuten die Bäume auf Venedig, während die Adler auf dem Gatter und die auf einem Felsen sitzenden Rehe offenbar unter dem unmittelbaren Einfluß des luccanischen Zeichners der Stoffe Abb. 447, 446, 459 (T. 175 a, 179) stehen.') Einen Schritt weiter ins venezianische Lager führt uns der Stralsunder Stoff Tafel 187, der von allen rot.grün.weißen Geweben die ursprüng• liche Farbenfrische am besten bewahrt hat. Die Erfindung des Musters ist sicherlich luc• canisch: Ein Brunnen mit Turmaufsatz zwischen symmetrischen Basilisken und liegenden Rehen, die vermöge ihres Nimbus auf dem besten Wege sind, sich in ein Agnus dei zu ver• wandeln. Die Blattbündel jedoch und insbesondere die zwischen den Basiliskenschweifen herabhängenden Blüten sprechen entschieden für eine venezianische Umbildung. Immer

  1. Zeitschrift f. christl. Kunst VII, T. B.

  2. In Danzig und Berlin; von demselben Zeichner Fischbach T. 127 a.

  3. Hierher gehört noch eine Danziger Kasel mit ausgesprochen venezianischen Einzelheiten, abgeb.

Fischbach T. 129d.

Abb. 478. Venezianer Stoff auf einem deutschen Bild

um 1480.

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