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0233 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 233 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Danzig (Tafel 200 b =Abb. 495), die um 1430 anzusetzen ist, da Jan van Eyck einen Samt: stoff dieser Art auf seinem Marien,Triptychon in der Dresdener Galerie gemalt hat. Auf

späteren Bildern ist Ähnliches nicht mehr zu finden. In mehreren Farbenvarianten (meist grün, rot, weiß) ist der Samt Abb. 496 mit Vögeln und Rehköpfen verbreitet. Danzig besitzt noch ein Stück Samt mit Schwänen') und der Dom von Kaschau eine Kasel mit Ver, kündigungstauben auf gestirntem Grund, Flor in Flor gemustert. Sonst ist von italieni, schen Samtstoffen mit Tiermustern aus dem Mittelalter nichts weiter bekannt. Die tiefen, im weichen Schimmer des Samtflors eingebetteten Farben verleihen diesen Meisterstücken der Webekunst eine wundervoll malerische Wirkung; die Zeichnung jedoch wird im Samt leicht etwas verschwommen, in feineren Einzelheiten (man beachte die Füße der Vögel und Basilisken auf Abb. 494 und T. 200b) unbeholfen und eckig, was naturgemäß bei den Tier, bildern am ehesten störend ins Auge fällt. Deshalb haben die Samtweber auf das ihrer Technik widerstrebende Tierelement bald verzichtet und das Pflanzenornament so groß, zügig umgestaltet, wie es der schweren reliefbildenden Samttextur angemessen war. Von den Samtstoffen ausgehend sind die neuen spätgotischen Formen dann auch auf glatte Ge, webe, insbesondere Seidendamaste übertragen worden.

Die schlichte Samtweberei war den Italienern vor 1400 längst bekannt; nur die Her, stellung reichgemusterter Samtstoffe ist die neue Errungenschaft des 15. Jahrhunderts. Man sieht aus verschiedenen Vorgängen in der venezianischen Seidenzunft, wie die schnelle Ent, faltung der Samttechnik neue Verordnungen nötig machte. Im Jahre 1421 wurden die Samtwe; ber in zwei Gewerbszweige geteilt: in die Meister der schlichten und die der gemusterten Ge, webe ; jeder Zweig erforderte eine eigene Prüfung. Und 1452 teilte man die Samtweber schon in fünf verschiedene Zweige mit je einer eigenen Meisterprüfung, weil die Gesellen klagten, sie seien nicht imstande, die ganze Prüfung zu machen, wohl aber einen Teil für eine be, sondere Samtwebeart. Die letzte Teilung wurde übrigens sehr bald wieder als unhaltbar abgeschafft. 2)

Der Samt ist ein Stoff mit doppelter Kette, von denen eine — die Unterkette — mit dem Einschlag das Grundgewebe herstellt. Die obere, auf einen besonderen Baum aufge, zogene Kette wird über dünne, in der Schußrichtung eingelegte Metallstäbe, Nadeln oder Ruten gewebt, so daß sie zwischen jedem Schuß , der sie mit dem Grund verbindet, eine Reihe von Schleifen oder Noppen bildet, die aus dem Grundgewebe hervorstehen. Beim Entfernen der Ruten werden die Noppen aufgeschnitten; auch kann ein Teil der Noppen zur Musterbildung ungeschoren stehen bleiben. Durch Ruten von verschiedener Stärke wird ein Samtflor in zwei Höhen erzielt. Da man in der Kettenrichtung keine Ruten für den Schuß einlegen kann, mußte allein die Oberkette den Samtflor und alle farbigen Mu, ster innerhalb desselben schaffen. Man sieht daher an der Abbildung494 und an Tafel 200b, T. 206, daß die musterbildenden Farben, abgesehen vom goldenen Einschlag, in der Längs, richtung des Stoffes mit der Kette laufen. Diese Schwierigkeit der reinen Kettenmusterung hat eine der Brokat: und Glattweberei gleichlaufende Entwicklung der Samtstoffe zurück, gehalten. Auch im 15. Jahrhundert, als die Italiener bereits die Samtweberei mit unerreich, ter Meisterschaft handhabten, beruhte die Musterung weniger auf einer vielfarbigen Flor, kette, als vielmehr auf den Kontrasten zwischen dem glatten Grundgewebe, dem Florrelief und dem Metallfaden.

Wann und wo der Seidensamt zuerst aufgekommen ist, läßt sich nicht feststellen, weil die alten Stoffnamen im Laufe der Zeit ihre Bedeutung gewechselt haben. Das Wort Hexa, miton, Xamitum, Sciamito, Samit hat für sich allein niemals den Florsamt bezeichnet, son,

') Hinz, T. 16, 1.

2) Broglio d'Ajano, S. 43.

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