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0244 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 244 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Florenz, Mailand sich die Herstellung der beliebten Ware entgehen lassen.') Sie war sogar den spanischen Webern des 15. Jahrhunderts schon geläufig, wie der Rock des letzten Mauren: königs Boabdil in der Sammlung Villasecca zu Madrid beweist, der im Stil der Einzelheiten von den italienischen Stücken merklich abweicht (Abb. 505).

Nicht selten werden aus den Granatmustern die Überbleibsel des alten Rankennetzes ganz beseitigt, sodaß die Aufgabe der Flächenteilung lediglich den dreifach, fünffach oder siebenfach ausgeschweiften Rosen zufällt, die den Granatapfel umrahmen (Abb. 506 und Tafel 211). Der ausdrucksvolle Linienschwung dieser Einfassungen oder Unterlagen ist, solange die Renaissance noch nicht mitspricht, so echt gotisch, daß man an ein rein abends ländisches Motiv denken könnte (vgl. namentlich Abb. 504). Und doch liegt auch hier eine chinesische Vorform zugrunde. Schon der Umstand, daß bei den Lotusvariationen der persischen Sefidenteppiche ähnliche Umrahmungen vorkommen, läßt auf ein gemeinsames ostasiatisches Vorbild schließen; die Bestätigung erbringt der chinesische Seidenstoff Abb. 333, wo sogar die fünffache Schweifung des Blattes fertig vorliegt.

Die dritte Mustergattung der schräg gewellten Parallelranken umfaßt mehrere Gruppen von sehr verschiedener Textur, die nur das diagonale Grundschema gemeinsam haben. Die chinesische Abkunft (vgl.Tafel 107,Abb.325) dieser dem spätgotischen Empfinden besonders wahlverwandten Flächenteilung und ihre Aufnahme in den Trecentostil ist bereits dargelegt worden. Im 15. Jahrhundert war sie den italienischen Musterzeichnern schon so in Fleisch und Blut übergegangen, daß es erneuter Anregungen von Ostasien her zum weiteren Ausbau nicht mehr bedurfte.

Zuerst kommt eine Übergangsgruppe, welche mit dem wuchtigen, großblättrigen Ast: werk und den schweren Granatbildungen der Spätgotik noch die bewegten Tierbilder ver: bindet. Auf dem Brokat Abb. 507 haben die Tiere noch das Übergewicht ; auf der Stral: sunder Kasel mit Einhorn und Agnus dei Abb. 508 (Tafel 212) und weiter auf der Danziger Kasel mit Leoparden und Hasen Abbildung 509 tritt als Hauptmotiv das Astwerk hervor und die Tiere sinken zum untergeordneten Beiwerk herab.2) Von dieser Art sind in Braun. schweig, Stralsund und Danzig mehrere Meßgewänder vorhanden, alle in der alten Technik als einfarbige Brokate mit Darmgoldfaden gewebt, ohne Samt und ohne Silberlahn. Daß es sich um venezianische Arbeiten handelt, ist sowohl aus den Tiermotiven der Abbildung 507, wie aus den Fliederblättern der anderen Stücke leicht ersichtlich. Ein symmetrisches Bei; spiel dieses gemischten Übergangsstils gibt Tafel 213.9

Von den Schrägrankenstoffen ohne Tierbilder schließen sich zunächst die in der alt: hergebrachten Technik mit Darmgoldfaden gewebten Stücke hier an. Die Danziger Kasel Tafel 214 (Abb. 510) ist noch in den Trecentofarben, himbeerrot mit grün, weiß und Gold ausgeführt und der leichten Textur entspricht die ungemein flüssige und reine Wiedergabe der Zeichnung. Auf eine solche Fülle kleiner Zieraten, wie sie hier neben dem kräftigen Hauptmotiv im Grund sich ausbreiten, mußte die Samtweberei notwendig verzichten. Die vier nächsten Stücke Abbildung 511,0 Abb. 512 (Museum Braunschweig), Abb. 513 (Tafel 215) und Abb. 514 (Kunstgewerbemuseum Düsseldorf) geben einfarbige Darmgoldbrokate. Sie stehen alle dem Zeichner des venezianischen Gondelmusters (Abb. 465, T. 184) noch sehr nahe; seine Palmetten, seine Granatzweige, seine rundgekerbten Blätter kehren bald hier,

  1. Ein Granatsamtantependium mit den aufgestickten Wappen von Florenz, der Pazzi und Segni im Museum von Bern.

  2. Für die Datierung ist zu bemerken, daß ein englisches Bild aus der Zeit 1430-1450, Alan Cole fig. 60 einen Brokat ähnlich Abb. 507 aufweist; auch auf dem Veronicabild des Meisters von Flemalle in Frankfurt ist ein Stoff dieser Richtung dargestellt.

  3. Verwandte Muster bei Fischbach T. 39 a, 42 a, 129 a ; Dreger T. 137.

  4. Dalmatik in Lyon, abgeb. Cox T. 9; s. auch Kat. Miguel y Badia T. 20, nr. 84.

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