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0251 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 251 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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bald da wieder. Ein der Abbildung 511 verwandtes Muster ist von Gentile da Fabriano gemalt worden;') es findet sich außerdem mit Stoffen gleich Abb. 513 und 514 vereinigt auf einer Folge von Martyrienbildern der Lochnerschule in der Städelgalerie (Inv. 62, 63), woraus sich die mit dem Gondelmuster zusammengehende Datierung auf das zweite Viertel des 15. Jahrhunderts ergibt. Die Dalmatik in Lyon Abb. 511 ist noch dadurch bemerkens. wert, daß sie in der Anordnung der großen und kleinen Palmetten sich auffallend eng an das chinesische Lotusrankenmuster Tafel 107a anlehnt.

Wie sich diese Schrägrankenmuster im Samt vereinfachten, ist den venezianischen Samtstoffen gleichen Stils und gleicher Zeit zu entnehmen, die in unseren Tafeln unverhält/ nismäßig reich mit elf Mustern vertreten sind (T. 216-223). Der grüne Samt Abbildung 515 (T. 216) gibt das Schema des Brokats Abb. 513 auf die Hauptformen reduziert; Abbildung 516 (T. 217 b) wiederholt die künstliche Durchsteckung von Blatt und Ranke (vgl. Abb. 514) in schlichtester Form. Für die Datierung der ganzen Gruppe gibt der Samt Abbildung 517 (T. 217a) einen Anhalt. Der Stoff ist von Sassetta (1392-1450) auf seiner Geburt Mariae im Dom zu Asciano als Bettdecke gemalt worden, fällt somit ins zweite Viertel des 15. Jahr: hunderts.2) Seine Darstellung auf dem Bild eines Sienesen spricht nicht notwendig gegen venezianische Herkunft, die sich auf die typisch venezianische Blattform stützt (vgl. Abb. 471). Von einer Seidenweberei in Siena ist Sicheres nicht bekannt ; Venedig aber hat, während es sich im ganzen 15. Jahrhundert gegen die Einfuhr fremder Seidenstoffe durch scharfe Senats/ verbote abschloß, mit seiner riesigen Erzeugung nicht nur den Orient und die nördlichen Länder, sondern auch ganz Italien überschüttet; die Lombardei allein bezog, trotz ihres Mailänder Seidengewerbes, von 1420 an jährlich für 250000 Dukaten Seidenstoffe aus Vene• dig.3) Bei den übrigen Stücken braucht die Stilverwandtschaft nicht im Einzelnen begründet zu werden ; die Gleichartigkeit der Blätter, Palmetten und Granatformen ist augenfällig.')

Aus einem Vergleich der Muster Tafel 222 a und Tafel 221 (Abb. 518) ersieht man, wie durch die Unterbrechung der Schrägranken schon inmitten des 15. Jahrhunderts die Streu= muster aus einzelnen Zweiglein entstehen, die ein Jahrhundert weiter die Spätrenaissance so vielfältig ausgebildet hat. Mit dem Muster Tafel 222 b greift die venezianische Buntsamt• weberei schon in die Renaissance hinüber; aus diesem symmetrischen Spitzovalnetz ist das gotische Gefühl bereits gänzlich entwichen.

In die eigentlichen Granatsamte hat die schräge Musteranlage nicht oft Aufnahme ge. funden, weil sie m it den wagrechten Rosenreihen schlecht vereinbar war. Eins der schönsten Bei: spiele ist die Danziger Samtkasel Tafel 224, bei der die verdrückten Felder unter den Schräg/ ästen für die Schwierigkeit der Aufgabe sprechen.') Der Stoff fällt eher vor als nach die Mitte des 15. Jahrhunderts; abgeschnittene Granatzweige, wie sie hier als Herzstück auf treten, hat Gentile da Fabriano schon 1423 auf seiner Anbetung der Könige in Florenz als Brokatmuster gemalt.

Den Gipfel stofflicher Pracht, technischer Vollendung und großartiger Zeichnung er: reicht die Seidenweberei des Mittelalters mit den spätgotischen Samtbrokaten oder Goldstoffen mit Samtmusterung, deren Ornament auf einer Verbindung von Ranken größten Maßstabes mit Granatmotiven beruht (Tafel 225-228). Nie vorher ist vom Goldgespinnst (hier immer vergoldeter Silberlahn) ein so verschwenderischer Gebrauch gemacht worden. Der Golds stoff bildet nicht bloß den Grund, sondern auch einen großen Teil des Musters in der Weise, daß nur schmale Samtlinien die Zeichnung umreißen (vgl. Tafel 228). Damit die breiten

') Venturi VII, 1, fig. 111.

  1. Venturi, Storia VII, 1, fig. 276.

  2. Broglio d'Ajano S. 59.

  3. Varianten im Kat. Errera nr. 123, 123a, 124, 125, 135, 136, 154. ') Eine bessere Lösung gibt die Variante Alan Cole, fig. 63.

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