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0252 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 252 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Goldmassen nicht eintönig werden , er, halten einzelne Stellen lebhafteren Metall, glanz dadurch, daß der Goldfaden in hochstehenden Noppen oder Schleifen gewebt sich vom glatten Goldgrund ge• kräuselt abhebt. Das ist die Übertragung der ungeschnittenen Samtbindung auf den Goldfaden. Oft wird auch der Samt, flor, wo er in größeren Flächen liegt, mit weitständigen Goldnoppen gesprenkelt und durchlichtet (auf T. 228 sichtbar). Um innerhalb des meistens in zwei Höhen geschorenen Samtflors durch Licht und Schatten noch besondere Musterungen hervorzubringen , bleiben Teile davon in ungeschnittenen und daher helleren Noppen stehen (vgl. T. 226 und 227). Alle Möglichkeiten des Webstuhls wer, den mit unvergleichlicher Meisterschaft ausgenützt. Nur die Farbigkeit ist maß, voll; lediglich auf dem Kontrast des tiefen Samttons und des hellen Goldglanzes steht die Wirkung. Fast immer steht dem Gold bloß eine Samtfarbe gegenüber; meistens rot, zuweilen grün, blau oder weiß, selten schwarz oder violett. Bei den ältesten Stücken der Gattung, die

noch eine Vorstufe darstellen (T. 225, Abb. 519), halten Samt und Gold sich die Wage; danach im Stadium der Reife bildet in der Regel der Samt als das Rückgrat des Musters einen starken Stamm, der wellig oder in eigenwilligen Windungen aufsteigend zu den Rosenunterlagen der Granatmotive sich erweitert (Tafel 226 = Abb. 520). Die Wucht des breiten Samtstreifens zu mildern, wird ihm längslaufend ein dünnerer Ast, von gotischen Blättern umwunden, ein Kranz oder eine Blattschnur in Gold aufgelegt. Mit dem Haupt. stamm verkreuzt sich gegenläufig ein leichteres Geäst , vorwiegend aus Gold mit Samt. umrissen gewebt, dem das grundfüllende Beiwerk an Blättern, Knospen, Blüten und Granat• äpfeln entsprießt (T. 228 = Abb. 521). Der Ausdruck Granatapfel ist grade bei diesen Samtbrokaten ein bloßes Schlagwort ; denn die wirklichen Granatäpfel im botanischen Sinn kommen wenig zum Vorschein , etwa in der Einfassung der Rosenfelder oder im seitlichen Geranke (vgl. Abb. 520 und T. 227). Die großen Zierstücke sind durchweg als geschuppte oder längsgerippte Früchte oder Blüten stilisiert.

Die einseitigen Muster bilden zwar die große Mehrzahl, aber alleinherrschend waren

sie nicht. Neben ihnen erscheint schon frühzeitig die symmetrische Musteranlage, zuerst auf Bildern von Petrus Cristus in der Form, daß goldene Aste ähnlich T. 225 sich zu großen Spitzovalen zusammenschließen.1) Dann entstehen symmetrische Muster aus der Spiegel, bildverdopplung eines ursprünglich einseitigen Entwurfes (Abb. 522) ; 2) auch kommt es vor, daß zwei Stoffbahnen mit einem einmal rechtsläufig, einmal linksläufig gewebten Muster

  1. Marienbilder von Petrus Cristus in der Sammlung Gustav v. Rothschild Paris, Städelgalerie in Frankfurt und Verkündigung im Prado.

  2. Beispiele Coll. Kelekian T. 78, 81; Kat. Errera nr. 146; Dreger T. 148.

Abb. 524.

Luccanischer Brokat Anfang 15. jahrli. Kgm. Wien.

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