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0255 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 255 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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zu einer symmetrischen Einheit verbunden werden.

Bei dem großen Maßstab der Samtbrokatlnuster fällt ihre auf: steigende Richtung so stark ins Auge , daß sie vornehmlich als Wand: oder Behangstoffe entwor: fen zu sein scheinen. Von den älte. sten Stücken abgesehen, füllt immer ein Rapport allein die Gewebebahn in der ganzen Breite und in der Senkrechten erreicht er manchmal eine Höhe von zwei Metern. Daher wirkt jede Bahn für sich wie ein Pilaster. Man sieht, wie sich sofort eine architektonische Empfindung einstellt, wo die abendländische Musterzeichnerei selbständig vor: geht. Nach den Bildern der Zeit

und der Menge der erhaltenen Meß:   Abb. 525. Bildausschnitt, Meister von Flemalle 1. I Gilfte 15. Iahrh.

gewänder haben die riesigen Ab:   Galerie Frankfurt M.

messungen der Muster und die

starre Textur dennoch die ausgedehnteste Verwendung in der geistlichen und weltlichen Tracht keineswegs unterbunden; sogar eng anliegende Frauenkleider sind daraus gefertigt worden. Die allerschwerste und üppigste Bindung, dazu ein Muster größten Maßstabes, über zwei Meter hoch, weist eine Kasel des Brandenburger Doms auf, die aus einem welt, lichen Gewand des brandenburgischen Schwanenordens verschnitten ist (Abb. 523). Oh: wohl die Masse des verwebten Edelmetalls in späterer Zeit einen großen Teil der Gold: stoffe in den Schmelztiegel trieb, ist doch noch ein sehr reicher Bestand in Stoffsammlungen (z. B. Carrand und Franchetti im Bargello, Brüssel, Berlin) und Kirchen vorhanden. In Deutschland sind die Kirchenschätze von Brandenburg, Danzig, Halberstadt und Xanten am besten versehen. Das Museum in Bern besitzt Prachtstücke ersten Ranges, die übrigens weniger aus der Burgunderbeute von Granson und Murten, als vielmehr aus dem Lausanner Domschatz herstammen.

Die Entwicklung dieser Stoffgattung läßt sich in großen Zügen von den zahllosen und oft täuschend genauen Darstellungen auf Bildern des 15. und 16. Jahrhunderts ablesen. Die Stoffmalerei ist auch für die vorausgehende Zeit ein nützliches Hilfsmittel der Textil: kunde. Aber auf absolute Treue darf man bei den Malern von Trecentomustern in der Regel nicht rechnen. Sie haben manches Beiwerk unterdrückt und sich vornehmlich an die Hauptmotive gehalten. Es gibt dafür ein ganz lehrreiches Beispiel. Die Wiener Stofflamm: lung besitzt ein Stück des Originalstoffes (Abb. 524), den der Meister von Flemalle für den Hintergrund seines Frankfurter Marienbildes benutzt hat (Abb. 525). Die Löwen und Bandrollen sind getreu wiederholt, die losen Ranken jedoch zu einem geschlossenen Netz versteift. Diese Änderung muß wohl von dem Maler herrühren, da die Seidenstoffe selbst für eine solche Felderteilung keine Analogie enthalten.

Das erste datierte Beispiel eines Goldsamtes mit Schrägranken großen Maßstabes ist der Mantel des singenden Engels auf dem Genter Altar der Brüder van Eyck. Seine Zeich: nung steht dem venezianischen Brokat Abb. 512 am nächsten, in der Ausführung gleicht er den ebenfalls stilverwandten Goldsaluten Tafel 225 und Abb. 519. Spielarten des letzteren

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