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0256 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 256 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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hat Jan van Eyck nochmals im Jahr 1432 auf dem Marienbild in Incehall') und auf dem Lannoybildnis des K. Friedrich Museums gemalt. Daß die Brokate T. 225 und Abb. 519 vene, zianische Arbeitsind, ergibt sich aus den Granatzweigen und den gekerbten Blattformen sowohl des goldenen wie des Flormusters. Solche venezianischen Goldsamte, bei denen der Rapport noch nicht die ganze Bahnbreite beansprucht, finden sich dann weiterhin auf den Bildern von Petrus Cristus,2) vereinzelt noch bei Dirk Bouts.3) Daraus ist zu schließen, daß die Herstellung der Samtbrokate mit großen Schrägranken im zweiten Viertel des 15. Jahrhun, derts (da der Genter Altar 1432 vollendet war), von Venedig ausgegangen ist. Stoffe dieser frühen Art sind selten geworden; aus dem Berner Museum ist der Rotsamt Abb. 526 und ein Chormantel aus blauem Goldsamt anzuführen.°)

Ob Venedig auch auf die Erfindung des ausgereiften Stils, wie ihn die Tafeln 226 bis 228, Abb. 520-522 vorführen, Anspruch hat, läßt sich nicht sicher erweisen. Unwahrschein, lich ist es nicht. Bei Jan van Eyck weist nur das Gewand des Kanzlers Rolin auf dem Marien: bild im Louvre, das um 1437 angesetzt wird, darauf hin; doch handelt es sich immer noch um eine Übergangsform. Erst die Musterzeichnung Pisanellos im Codex Vallardi (Abb. 527) gibt das fertige, die ganze Bahnbreite füllende Schema mit Blatt, und Blütenformen, die noch den venezianischen Eyckstoffen, namentlich dem Berner Mantel (Abb. 526) verwandt sind. Die Zeichnung, die den Samtflor weiß und den Hauptstamm aus genopptem Gold; gewebe darstellt, ist doch wohl als ein Musterentwurf Pisanellos anzusehen, denn die grund, füllenden Rosen aus Samt und Gold würden praktisch unausführbar sein. Somit fällt die Entstehung dieses spätgotischen Typus noch vor die Mitte des 15. Jahrhunderts. Die Blüte: zeit der Gattung umfaßt die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts und reicht wohl noch einige Jahrzehnte darüber hinaus. Am besten hat Hans Memling (-j- 1494) die Stoffe gleich T. 226 und T. 228 als Baldachine oder Rücklaken auf seinen Marienbilderns) wiedergegeben. Unge, fähr von 1480 ab macht sich bereits die Renaissance bemerkbar, teils in der Umbildung von Einzelheiten, teils in den Hauptlinien des Musters. So ist die kranzartige Zeichnung des Hauptastes auf Tafel 228, die sowohl bei Memling6) wie bei Crivelli vorkommt, Renaissance, regungen zuzuschreiben. Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie die Renaissance sich der ganzen Musteranlage bemächtigt, gibt eine Goldsamtbahn im Berliner Kunstgewerbemuseum Abbildung 528. Aus dem Hauptstamm ist unter Beseitigung aller gotischen Astansätze ein Samtband geworden, das in regelmässigen Halbkreiswellen aufsteigt; und ebenso ist aus dem aufliegenden Mittelornament des Bandes, ursprünglich einem blattumwickelten Ast, die Gotik ganz hinausstilisiert. Wenn von diesem Muster je zwei Bahnen um einen halben Rapport verschoben sich vereinen, so ergibt sich wieder das von der Renaissance bevorzugte Spitzovalschema. Man ist versucht, solche Stücke mit Renaissancegepräge Florenz zuzuschrei, ben, weil vieles davon aus florentinischen Palästen und Kirchen in den Handel gekommen ist, während sie auf venezianischen Bildern fehlen.

Bevor wir den Einwirkungen der Frührenaissance weiter nachgehen, ist noch eine kleine Gruppe spätgotischer Samt, und Seidenstoffe einzuschalten, deren Kennzeichen die zentrale Musteranlage ist, welche jede Betonung einer steigenden oder wagrechten Richtung

') Kämmerer, Hubert und Jan van Eyck, fig. 42.

  1. Z. B. das Marienbild in Frankfurt.

  2. Marienbild der Nat. Gal. in London.

') Stammler, Paramentenschatz in Bern, S. 113. — Ferner eine Kasel im Museum Brüssel, Kat. Errera nr. 133 und drei verschiedene Muster aus der ehemaligen Sammlung Basilewsky bei Dupont=Auberville, Tafel zu S. 22.

  1. Liechtensteingalerie von 1472; im Wiener Hofmuseum, in den Uffizien, im Louvre, im K. Friedrich= Museum, auf dem Brügger Johannesaltar von 1479.

  2. Anbetung der Könige im Johannesspital zu Brügge.

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