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0261 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 261 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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vermeidet. Dafür sind radiale Rosettenformen das gegebene Grundmotiv. Die Gattung setzt schon um 1420 ein mit dem Buntsamt Tafel 229 b, den Gentile da Fabriano 1423 auf seiner Anbetung der Könige als Mantel des knienden Königs leicht variiert gemalt hat. Technisch stimmt er mit dem frühen Tiermustersamt Abb. 494 überein. Die lebhaft heitere Farbigkeit der Venezianer ist deutlicher ausgeprägt auf dem in vielen Sammlungen vertretenen Rosetten: samt Tafel 200a, dessen Muster nicht mehr Flor in Flor steht, sondern von weißem Atlas, grund sich abhebt. Eine seltenere Spielart kleinen Maßstabes mit Sternblumen in rotblau, grünem Flor auf weißem Grund gibt Abb. 529. Bei dem Buntsamt Tafel 23013 spricht außer dem farbenreichen Flor auch die in Venezianerstoffen sehr beliebte Enzianblüte für die Adriastadt. Daraus ist nicht zu schließen, daß die zentralen Muster ausschließlich dieser Herkunft seien. Der goldbroschierte Damast Tafel 230a (drei Meßgewänder in Danzig) hat weder in der Zeichnung noch in der Bindung etwas Venezianisches; dagegen ist ein Damast derselben Werkstatt von dem Sienesen Matteo di Giovanni (j- 1495) auf seiner Himmel, fahrt Mariae in der Londoner Nat. Galerie gemalt worden.') Als mailändische Arbeit ist das Antependium des Po1di,Pezzoli Museums anzusehen aus tiefrotem Samtbrokat mit Tauben und Spruchband „A bon droit" in Strahlenrosetten (Abb. 530), der Impresa der Herzogin von Mailand Bona di Savoia. Der Stoff muß am Hofe des Herzogs Galeazzo Maria Sforza (1466-1477) viel gebraucht worden sein; er diente als Vorlage für die Wandmalerei in einem der Säle des Mailänder Kastells, die Galeazzo Maria ausstatten ließ, und Borgognone hat ihn wiederholt gemalt, auf einem Marienbild in der Ambrosiana und als Gewand des Gio, vanni Galeazzo Visconti in der Certosa bei Pavia.2) In Textur und Farbe verwandt ist der Goldsamt Abb. 531 im Mailänder Museum, in Düsseldorf und anderwärts erhalten. Der eingewebte Wahlspruch A bon droit verweist auch den Samtstoff Tafel 229a nach Mailand, mit dem wieder eine goldbroschierte Samtkasel in Soest (Abb. 532) technisch und stilistisch zusammengeht. Nach den beiden letzten Stücken muß man annehmen, daß die Mailänder Weberei sich eng an Venedig anschloß.

6. Florentiner Frührenaissancestoffe des 15. Jahrhunderts.

Das entschieden gotische Gepräge der Granatapfelmuster im weitesten Sinne, die zwei: fellos die Hauptströmung in der Seidenkunst des Quattrocento vorführen, hat den Eindruck hervorgerufen, daß der nach 1450 in Italien sonst vorherrschende Zeitstil der Frührenaissance in der Weberei gar nicht zum Wort gekommen sei.3) Das ist nicht ganz richtig. Daß die Frührenaissance teils durch die Symmetrisierung der alten Tiermuster, teils durch Umbil; dung der spätgotischen Rankenformen schon während des 15. Jahrhunderts sich geltend machte, wurde früher erwähnt. Sie hat aber noch stärker und unmittelbarer sich in der Weberei durchgesetzt. Es gab in der Tat Seidenstoffe mit reinen Frührenaissancemustern, die ohne Anlehnung an die Gotik einen völlig neuen Typus schufen. Freilich bilden sie neben der Masse spätgotischer Gewebe nur eine örtlich begrenzte Seitenströmung, die außer: halb ihres florentinischen Ursprungsgebietes wenig Nachfolge fand, weil die Frührenaissance nicht auf das Flachornament gerichtet war. Ihr normales Ornament ist plastischen Ursprungs und, da es mit der Antike zusammenhängt, durchaus tektonisch empfunden, also den Be, dürfnissen der Weberei widerstrebend. Deshalb blieben die selbständigen Frührenaissance,

') Sidney Vacher T. 22.

2) L. Beltrami, Storia della Certosa di Pavia, S. 64.

°) In diesem Sinn hat sich J. Lessing im Führer durch die Stoffsammlung 1890, S. 24 geäußert: „Es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß die italienische Renaissance des 15. Jahrhunderts bei ihrer Wiederein, führung antiker ornamentaler Formen die Kunstweberei unberührt läßt. Es herrscht in derselben vielmehr das Granatapfelmuster mit spätgotischen Formen. Erst im 16. Jahrhundert beginnt die Umbildung dieses Musters im Sinne der Renaissance."

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