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0277 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 277 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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florentiner Weber für Lodovico Sforza geliefert. Es zeigt in Reihen versetzt von Lorbeer; und Oelzweigen gerahmt das bekrönte Allianzwappen des Herzogs und seiner Gemahlin nebst ihren stark gekürzten Namen: Dux Mediolani Ludovicus Maria Beatrix Estensis Sforza An. Jugales. i)

Mit Hilfe der am Corvinusstoff so ausgiebig verwendeten naturalistischen Früchte als Leitmotiv ist es möglich, die Gruppe der florentinischen Frührenaissancestoffe noch wesent: lich zu vervollständigen. Der auf Tafel 234 b in einem Viertel der wirklichen Größe darge; stellte Stoff (Abb. 547) mit rotgerändertem Muster auf schraffiertem Grund gleicht in der Textur vollkommen dem Bortenstoff Abb. 542, stilistisch jedoch mehr dem Antependium des Kardinals Mendoza. Die Verwandtschaft kommt hier weniger in den Früchten, als in der Zeichnung der schweren Aste und der sie umschlingenden Zackenblätter zum Aus: druck. Zum Ruhm der Seidenweberei von Florenz haben im Ausland vor allem ihre Gold= stoffe beigetragen. Es gibt davon verschiedene Abstufungen, je nach der Kaufkraft der Ab; nehmer. Die schwerste und teuerste Art haben wir in den Pollajuolostoffen aus genopptem Silberlahn mit Samtkonturen kennen gelernt. Die zweite Gattung ist glatt gewebt in der Weise, daß der lediglich aus Metallfäden bestehende Einschlag eine dichte gleißende Gold: fläche bildet, in welcher rote oder weiße Kettfäden eine lineare Zeichnung herstellen. Glanz und Kosten werden bei der dritten Art dadurch gemildert, daß im Einschlag immer ein gelber Seidenfaden mit einem Metallfaden abwechselt; die lineare Kettenzeichnung bleibt unverändert (vgl. Tafel 235). Weitaus das schönste Stück der glitzernden Goldstoffe ist als ein Mantel profanen Gebrauchs aus der Burgunderbeute von Granson 1476 nach Bern gei kommen (Abb. 548). Hier bilden die Distelblüten des Mendozaantependiums, die natura; listischen Granatäpfel und Kastanien der Corvinuskasel die Füllungen eines Spitzovalnetzes auf schraffiertem Grund, das mit seinen stilisierten Renaissanceblüten wieder die Verbindung mit den Bortenstoffen gleich Abb. 542 herstellt. Demselben Zeichner ist ein engverwandtes Muster auf einer einfarbig hochroten, in zwei Höhen geschorenen Samtkasel in Danzig (Abb. 549, Abschnitte in den Stoffsammlungen Berlin und S. Kensington) zuzuschreiben. Von den spitzovalbildenden Ranken wachsen nach innen Kastanienbündel , nach außen Zweige mit Birnen, Mispeln und Granaten, wie sie schon Tafel 234 b (Abb. 547) aufweist. Von den billigeren Goldstoffen mit halb silbernem , halb seidenen Einschlag ist noch vieles erhalten; erwähnenswert ein ganzer Ornat aus Pluviale, Kasel und zwei Dalma: tiken im Museum von Bern , der das Stifterwappen des Bischofs von Lausanne Aimo von Monfalcon (1491-1517) trägt. Die sehr ähnliche Kasel des Brandenburger Doms Tafel 235 (Abb. 550) verbindet die der ganzen Pollajuologruppe eigentümlichen Birnen, Kastanien und Granatäpfel mit den gotisierenden Fruchtformen von Abb. 547, wiederum auf schraffiertem Grund. Der Brandenburger Stoff ist auf einem Avignoneser Gemälde des späten 15. Jahrhunderts zu sehen.2) Das Goldstofffragment Tafel 234a hat manche Einzelheiten mit den vorgeführten Beispielen gemeinsam, doch fehlt ihm der sichere Wurf, der diese auszeichnet.

Es ist leicht zu erkennen, wie die hier zusammengestellten Seidengewebe, Samte und Goldstoffe durch viele stilistische und technische Merkmale miteinander verbunden werden. Sie bilden einen recht ansehnlichen Bestand von Frührenaissancegeweben, der mit dem Sixtusantependium und der Corvinuskasel, dem Berner Goldstoff und der Danziger Samt: kasel einige der vollendetsten Schöpfungen der ganzen spätmittelalterlichen Seidenkunst ein: schließt. Florenz hatte also mindestens seit 1470 in der Seidenweberei eine Leistungsfähig: keit erlangt, die der führenden Stellung der Stadt im Kunstleben des Quattrocento entsprach.

') Eine Abbildung enthält der oben zitierte Aufsatz von E. v. Radisics S. 352.

2) H. Bouchot, La peinture en France sous les Valois T. 60; auch der Meister des um 1498 angesetzten Flügelaltars von Moulins hat Goldstoffe dieser Art gemalt.

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