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0291 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 291 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Abb. 564. Eleonora von Toledo in spanischem Brokat% gewand, um 1550.

Anfänge reichen weiter zurück, denn die Spitz: ovalfelder aus vier Arabeskenblättern, die in der Regel wie auf T. 255 und T. 256 das Hauptmuster bilden, schließen sich an die spanischen Futter: stoffe des 15. Jahrh. (vgl. Abb. 381) an. Nach der anderen Seite zeigen Bilder von Zurbaran diese Stoffe noch im 17. Jahrh. in Gebrauch.

Für eine dritte ziemlich umfangreiche Gruppe spanischer Renaissancegewebe muß die Abb. 556 genügen. Die Muster zeigen in lebhaften Farben, grün, gelb und weiß auf rotem Grund, immer ohne Metalleinschlag, eine unruhige, zuweilen schon barocke Mischung von osmanischen Blumen und grottesken Spätrenaissancemotiven, nament. lich Brunnenbecken, auch Tiere und Amoretten.') Die Stoffe gelten in der Regel als italienisch;2) nach der Textur und der typischen Farbenstellung er, weisen sie sich jedoch als die direkten Nachfolger der granadischen Seidenstoffe aus dem späten Mittelalter (vgl. T. 127a b, T. 128; Abb. 372 bis 374), welche bis in den Beginn des 16. Jahrhun. derts den mauresken Stil beibehalten hatten. Bei

diesen sind auch die sonst ungewöhnlichen weißen Umrisse bereits vorhanden.

Da im Verlauf des 16. Jahrhunderts auffallend gemusterte Seidenstoffe aus der welt. lichen Männertracht mehr und mehr verschwanden, so hat die Neuzeit, wenn es auf be sondere Prachtentfaltung ankam, für diesen Zweck in viel höherem Maß als das Mittel, alter die Stickerei zuhilfe genommen, die eine tektonische Schmuckverteilung ermöglichte. Aus der entschiedenen Bevorzugung der Stickerei erklärt sich das Samtmuster T. 257 als ein vereinzelter Versuch, Zierformen der Nadelarbeit in die Weberei zu übernehmen. Das Muster ist nach der Anlage und den Einzelheiten eine Nachahmung gestickter Litzen, wie sie auf spanischen Trachtenbildern des 17. Jahrhunderts nicht selten zu sehen sind. Um% gekehrt zeigt das Fragment einer Samtschleppe oder eines Frauenrockes T. 258 ein schein. bar gewebtes Muster durch freie Handarbeit hergestellt. Die mühevolle Arbeit, ein abge, paßtes, über das Vermögen der Weberei hinausgehendes Muster durch freihändiges Sche• ren des Samtes herauszubringen, scheint nicht ganz vereinzelt gewesen zu sein, wie ja schon die vortreffliche Ausführung des Berliner Fragments eine sehr geübte Hand zur Voraus% setzung hat. Auf Mantegnas Fresko im Kastell von Mantua, das die Begegnung des Mark. grafen Ludwig mit seinem Sohn, dem Kardinal Francesco Gonzaga darstellt, ist schon im Jahre 1474 ein ganz ähnlich gemusterter Samtvorhang gemalt. Der Samt auf T. 258 (ein größeres Stück davon ist im Bargello) wurde in Spanien gefunden und für das künst, lich verflochtene Bandornament bietet die spanische Kunst ebensoviel Analogien wie die italienische.

Ein minderwertiges Surrogat, dessen Musterung mit der Webekunst gar nichts mehr zu tun hat, ist der gepreßte Samt auf T. 259. In der Regel wurden zur Musterpressung mit heißen Eisenformen bloß rauhe Woll, oder Baumwollsamte verwendet, die unter dem Na,

  1. Ein Amorettenmuster bei Dreger T. 274.

  2. Vgl. Kat. Errera nr. 246-247; nur Alan Cole, Ornament in european Silks fig. 94 vermutet osma, nische Arbeit. Letzteres wird schon dadurch ausgeschlossen, daß ein Stück in Berlin und in Barcelona, Catalogo de Tejidos nr. 21 die lateinische Inschrift „In te Domine speravi" trägt.

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