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0301 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 301 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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die Streumuster in jener Samtbindung, die das Muster geschoren mit unge.

schorenen Umrissen auf glatten, oft

mit Gold, oder Silberlahn durchschos. senen Grund stellt. Ihr Hauptreiz liegt

in der Schönheit der Farben. Obwohl

sie die Dreizahl selten überschreiten (je eine Farbe für den Grund, den

Samtflor und die ungeschnittene

Zeichnung), bringen sie doch eine Menge neuer Töne in früher unge.

kannten Zusammenstellungen von

bestechender Wirkung heraus (z. B. braun mit himmelblau oder braun mit

grün, violett mit dunkelblau auf Sib ber, fleischrot mit gelben Umrissen auf hellblau).

Die Blütezeit der Kleinmuster, namentlich der unsymmetrischen, war

die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts. Auf den Bildern dieser Zeit finden sich sowohl die volleren Zweigmuster wie Abb. 573,') als auch die abgekürzten Formen aus Einzelblüten 2) und Voluten.3) Vor 1600 sind kleine Streumuster noch nicht gemalt worden; daß ihre Entstehung aber doch in den Ausgang des 16. Jahrhunderts fällt, ergibt sich aus dem Brokat Tafel 280 a. Er trägt zwischen den reihenweis nach rechts und links geneigten Zweiglein die Wappenzeichen von Kastilien, Leon, Brabant, den Doppeladler mit dem habsburgischen Bindenschild, das Säulenpaar als Impresa der spanischen Könige und zwei gekrönte Monogramme, deren Auflösung PHILIPPUS CAROLI F (ilius) lautet. °) Der Brokat ist also für den Sohn Karls V, König Philipp II (f 1598) gewebt worden. Die Berliner Stoffsammlung besitzt davon noch eine genaue Wiederholung, bei der nur das zweite Monogramm Caroli F. fortgelassen ist, ohne daß die leeren Stellen eine Ersatz. füllung erhalten haben. Das Muster wurde demnach beim Thronwechsel 1598 für den neuen Herrscher Philipp III zurecht gemacht, woraus zu schließen, daß es damals noch nicht alt gewesen ist.

Als im späteren 17. Jahrhundert die Führung in der Mode von Spanien auf Frank. reich überging, ließ die Beliebtheit der kleingemusterten Samtstoffe entschieden nach. Erst ein Jahrhundert später erweckte die Herrenmode des Louis XVI.Stils sie zu neuem Leben (vgl. T. 311 und 312); an dieser Nachblüte waren aber Italien und Spanien nicht mehr beteiligt.

Wir haben einen ersten Anlauf zur Streumusterbildung bereits im 15. Jahrhundert an den spätgotischen Schrägrankenstoffen beobachten können (vgl. T. 221, 222a und Abb. 518). Es ist klar, daß auch die unsymmetrischen Streumuster der Spätrenaissance und des Barock aus geschwungenen Zweiglein (wie Abb. 573 und 574) ganz analog durch Zerstückelung von zusammenhängenden Ranken entstanden sind. Solche einseitigen Rankenmuster, die

') Eine Variante auf dem Bild der Amme mit dem Kind von Frans Hals im K. Friedrich Museum um 1630-1635; sehr ähnlich gemustert ist der Talar, den Kaiser Leopold I im Jahre 1655 bei seiner Krönung als König von Ungarn getragen hat, jetzt im Besitz des Fürsten Eszterhazy.

  1. Auf van Dycks Bildnis der Herzogin von Croy in München.

  2. Z. B. auf dem Frauenbildnis von Velasquez im K. Friedrich Museum.

  3. Vgl. F. Minkus in den Mitteilungen d. österr. Mus. 1897, S. 469.

Abb. 575. Die Töchter des Cornelis de Vos, um 1630. K. I:ricdrich
Museum Berlin.

Falke. Seidenweberei.

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