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0305 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 305 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Streifen, die niederdeutsche Inschriften, die Darstellung einer Hirschjagd und anderes ent, halten.') Im 17. Jahrhundert geht die Ausbreitung mit raschen Schritten weiter, und Frank, reich hat selbst dazu beigetragen, das Ausland mit geschulten Arbeitern und Zeichnern zu versorgen. Bald. nach dem Tod Colberts (j- 1683), der die Seidenindustrie seines Landes wirtschaftlich gekräftigt und künstlerisch selbständig gemacht hatte, trieb die Aufhebung des Toleranzedikts von Nantes 1685 mit Hunderttausenden flüchtiger Protestanten auch Seidenarbeiter und Musterzeichner in großer Zahl über die Grenzen. 2) Die Schweiz, Hol, land, England haben aus dem Kräftezuwachs den größten Nutzen gezogen. Vorhandene Betriebe wurden mit Hilfe der Auswanderer verbessert und neue ins Leben gerufen. In Spitalfields bei London ließen sich so viele Franzosen nieder, daß dort zeitweilig mehr Web, stähle in Betrieb standen als in Lyon.3) Während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, solange die künstlerische Tradition ihrer Heimat noch vorhielt, waren sie für Frankreich ein gefährlicher Nebenbuhler. Deutschland besaß nennenswerte Seidenfabriken in Sachsen und am Rhein, in Hamburg und im Süden; die Zahl der Betriebsorte war sehr groß, doch handelte es sich vielfach nur um kurzlebige Unternehmungen oder es wurden wie in Krefeld vornehmlich Seidenbänder und Posamenten hergestellt. Berlin tritt im 18. Jahrhundert in den Vordergrund ; S) französische Unternehmer, Arbeiter aus Sachsen, Italien, Lyon, Ham, burg, Holland wurden herbeigezogen, in der Mark Brandenburg der Seidenbau gepflegt. Aber der Absatz ließ zu wünschen übrig; Blüteperioden wechselten mit Stockungen und Krisen, wie sie ja auch Lyon nicht erspart blieben. Immerhin war die Erzeugung von Ge, weben höherer Ordnung in Berlin beträchtlich; unter Friedrich dem Großen arbeiteten in der Samtweberei von Gotzkowsky 145 Stühle, und zur Zeit des Aufschwungs um 1795 sollen 2800 Stühle nur für reinseidene Stoffe beschäftigt gewesen sein. Von Wien berichtet Savary, daß zwei Seidenfabriken daselbst alle Gold, und Silberstoffe, auch die reichsten, herzustellen vermochten, und die Kaiserin Maria Theresia konnte sich die patriotische Ge, nugtuung leisten, fast nur einheimische Gewebe zu tragen. 5) Es ging damals wie mit den keramischen Gründungen; kein Land wollte zurückbleiben, jedes aus dem einträglichen Gewerbe seinen Nutzen ziehen. Rußland besaß schon ein älteres Seidengewerbe in Moskau und fügte nun neue Unternehmungen mit französischer Hilfe in Petersburg hinzu. Schweden und Dänemark suchten mit Staatshilfe die Seidenweberei einzubürgern und selbst Polen trat in die Reihe der Seidenländer ein. Die Berliner Stoffsammlung hat aus Polen Seiden, gewebe mit vergröberten oder entarteten Barockornamenten erworben, von denen eines das polnische Wappen trägt; 6) die häufigsten und bekanntesten Erzeugnisse sind jedoch die polnischen Gürtel aus Gold, und Silberbrokat, welche oft die Ortsnamen Krakau und Sluck oder die Meisternamen Franciscus Maslowski , Paschalis oder Monogramme aufweisen (T. 293 a, b). Eigenartig durch die metallreiche Textur, halten sie sich in der Musterung eng an persische Vorbilder.7)

Von Seidenstoffen der cisalpinen Länder sind zu wenig örtlich gesicherte Stücke be kannt, als daß man den Spuren nationaler Musterbildung in Deutschland, England, Ruß, land oder sonstwo nachgehen könnte. Es ist auch gar nicht wahrscheinlich, daß ein be

  1. Die Inschriften in Renaissancemajuskeln sind meist unvollständig; öfter wiederholt sich der Spruch SICH VOOR DICH TROW IS WEINICH. Man könnte an Cöln denken, da die Rosetten und Sterne an den Stil der cölner Borten erinnern.

  2. Nach Cox, L'art de décorer les Tissus S. 14 soll damals die Zahl der Webstühle in Lyon von 10000 auf 2000 gefallen sein.

  3. Paul Lacroix, XVIII. Siècle, II Lettres, Sciences et Arts S. 528.

  4. Ausführliche Nachrichten bei Schmoller und Hintze, Die Preußische Seidenindustrie im 18. Jahrh.

  5. Dreger, Entwicklung S. 293.

  6. Abgeb. Heiden, Handwörterbuch der Textilkunde fig. 239.

  7. Vier bezeichnete Beispiele abgeb. in „Meisterwerke der moham. Kunst 1912", III T. 222.

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