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0319 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 319 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Abb. 593. Rokokosamt, schwarz auf schwarz, Frankreich
um 1750. Kgm. Berlin.

lerische Erhebung nicht nur des plastischen Stils , sondern der neuzeitlichen Seiden: weberei überhaupt. Philippe de Lasalle (1723 bis 1803) war erst Mitarbeiter, dann Teilhaber des Seidenhauses Pernon in Lyon, wurde von Ludwig XVI geadelt und 1775 mit einem Ehrensold ausgezeichnet , durch die Revo% lution aber zugrunde gerichtet. Er war wirklich ein Maler des Webstuhls; man sieht auf seinen Stoffen Blumen (Abb. 594) oder Tierstücke (Abb. 595), die an flottem Wurf, Rundung und Farbenpracht hinter freier Pin% selarbeit nicht zurückstehen. Er modelliert, indem er die Farben in drei Töne, Licht, Schatten und Mittelton zerlegt. Dazu fügt er hier und da scheinbar willkürlich verteilt kohlschwarze Schatten, die ein augenfälliges Kennzeichen seiner Arbeiten bilden und ihnen eine erstaunliche Kraft und Plastik verleihen. Von seinem Werk sind nur Wand% und Möbel: bezüge erhalten, keine Kleiderstoffe.') Es be ginnt mit bewegten Rokokomustern, Varia% tionen des unsymmetrischen Wellenschemas aus Bändern und Ranken; wie sehr er hier schon auf plastische Wirkung ausgeht, ist an der Behandlung des Astwerks auf Abb. 592

zu sehen. Seine Erfindung entfaltet sich am fruchtbarsten in der Spätzeit Ludwigs XV (-I- 1774). Nachdem einmal die gewebten Rokokoblumen das Auge an plastische Seidenmuster gewöhnt hatten, bestand für die technisch hochentwickelte Weberei kein Hindernis mehr, auf der ein. geschlagenen Bahn fortschreitend dem Zeitornament weitere plastische Motive zu entlehnen. Die an Bandschleifen hängenden Bündel aus Hirtengeräten und Musikinstrumenten, perspek. tivische Vogelgruppen (vgl. Abb. 595), landschaftliche und vereinzelt auch figürliche Bilder vereinigen sich nun in den Tapeten Lasalles mit den Blumen. Als das Meisterwerk dieser Rich% tung gilt die Wandbespannung in Fontainebleau, die Philippe de Lasalle für ein Zimmer der Königin Marie Antoinette gewebt hat.2) Die klassizistischen Formen, die in der allgemeinen Dekoration schon seit 1760 wieder Fuß fassen, nimmt die Seidenweberei nur zögernd auf; eine Tapete, die Lasalle für die Kaiserin Katharina von Rußland mit einer Andeutung des Unter% ganges der türkischen Flotte bei Tschesme, also nach 1770 geschaffen hatte,3) steht dem freien Rokoko noch viel näher als dem Klassizismus. In seinen spätesten Mustern erst kommt der eigentliche Stil Louis XVI zum Wort; die Blumen werden kleiner und mit Vorliebe zu Kränzen und hängenden Gewinden zusammengefaßt, die gerahmten Medaillons und die antikisierenden Ranken mit Akanthuskelchen halten ihren Einzug. Dabei verblassen die im Rokoko oft noch sehr kräftigen Farben zu kühleren und gebrochenen Tönen; die helle Stimmung der damaligen Innendekoration begünstigt auch bei den Seidentapeten den weißen oder fast weißen Grund. Den Geweben des Meisters, einer Fundgrube für die Musterzeich.

') Die reiche Sammlung von Geweben Lasalles im Lyoner Textilmuseum ist von R. Cox „Philippe de Lasalle, son oeuvre au musée de Lyon" auf 35 Tafeln veröffentlicht.

  1. Cox, T. 22.

  2. Cox, T. 16.

Fa Ike, Seidenweberei.

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