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0036 Am Tor von Asien : vol.1
Am Tor von Asien : vol.1 / Page 36 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000243
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wir auch noch keine Berichte über ihre Taten besitzen und daher Geschichte und Märchen in der griechischen Überlieferung über sie noch nicht scheiden können, --- Semiramis habe nach Vollendung ihrer vielen Bauten in Assyrien und Babylonien einen Zug nach Medien unternommen und am Bagistanon-Berge ein Paradeis von 12 Stadien Umfang angelegt. Auf der Seite gegen den Park habe der Berg schroffe Wände, die zu einer Höhe von 17 Stadien ansteigen. Den unteren Teil dieses Berges ließ die Königin behauen und ihr Bild, Stele, mit hundert Lanzenträgern einmeißeln, dazu eine Inschrift in syrischen Buchstaben, d. i. in Keilschrift, des Inhalts, daß sie den Gipfel des Berges erstiegen habe.

Die Landschaft wird als reiner Götterwohnung gleich" bezeichnet, und der Berg sei ein Heiligtum des Zeus, Worte, aus denen hervorgeht, daß Ktesias die Bedeutung „Götterort" von Bagastäna wohl kannte. Zeus tritt für den persischen Ahuramazda ein, während baga auf Mithra hinwies; nach Tacitus war der Berg auch ein Kultort des Hercules, d. h. des iranischen Verethraghna, und er berichtet von einem seltsamen Brauch, der auf das hohe Alter dieses Kultortes schließen läßt: Zu bestimmten Zeiten nämlich mahne der Gott die Priester während des Schlafes, neben dem Tempel zur Jagd gerüstete Rosse hinzustellen; sobald die Rosse die mit Geschossen beladenen Köcher empfangen haben, streifen sie durch die Waldungen hin und kehren erst in der Nacht mit leeren Köchern heftig schnaubend heim. Der Gott zeigt wiederum in nächtlicher Erscheinung an, wo er die Wälder durchirrt, und gefunden wird das erlegte Wild.

Ein letzter Nachhall von der Heiligung der nur von Semiramis-Hûmäi erstiegenen „Götterwohnung" klingt aus den Worten, mit denen der arabische Geograph Ahmad b. Haugal seine Beschreibung des Berges einleitet: „Der Berg von Bahistün ist ein unbesteigbarer Berg, man kann nicht auf seinen Gipfel hinauf. Seine Oberfläche ist von oben bis unten glatt; es ist, als sei er eine Strecke von vielen Klaftern von der Erde aus behauen."

Zu erklären bleibt, wie Ktesias, der persischen Sprache mächtig, nicht viel mehr als 150 Jahre nach Entstehung des Dareios-Denkmals, als man die Inschrift ohne Schwierigkeit noch lesen konnte, eben dies Denkmal als ein Werk der Semiramis bezeichnen konnte. Denn an der Gleichheit der Stele der Semiramis und der Glättung des unteren Teiles des Berges mit der Stele des Dareios und der großen unvollendeten Tafel ist so wenig zu zweifeln, wie an der Gleichheit des Ortes und der Namen, Tafel IX. Ktesias erzählt eben medische Sagen. Wir haben schon die Gleichsetzung von iranischen Sagenhelden mit Gestalten des Alten Testamentes in islamischer Zeit kennen gelernt. Etwas Entsprechendes geschah schon in viel älterer Zeit; iranische Sage vermischte sich mit babylonischer. Hamza von Isfahän, der i. J. 350 H. /961 Chr. seine Annalen vollendete, sagt: „Hûmäi Tchihräzâdh, d. i. Shamirän (Semiramis), Tochter des Bahmän, residierte in Balkh (Baktrien); sie sandte eines ihrer Heere gegen das Rhomäer-Land, wo sie Gefangene machten, darunter eine Menge Arbeiter. Die Bauleute davon ließ sie bei einem Werk arbeiten, welches die Burg von Stakhr oder auf persisch Hazär Sutûn, die tausend Säulen, genannt wird".

Die Tausend Säulen ist der alte Name von Persepolis. Im übrigen setzt Hamza oder seine Quelle in Namen und Sachen byzantinisch-sasanidische Verhältnisse voraus. Seine Quelle ist eine der verlorenen Bearbeitungen des sasanidischen Königsbuches, der Reichsannalen. Diese setzten also die altpersische Sagenheldin Hûmäi der Semiramis gleich. Wenn Ktesias das Werk des