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0313 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 313 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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für die Verarmung der Altajer wurde mir im Jahre 1870 angegeben, dass 1869 die Rinderpest besonders heftig gewüthet habe. Ich bin aber vielmehr der Ansicht, dass es die russischen Kaufleute sind, die den Altai ausgesogen haben. Es ist hier eben der Kampf um's Dasein, wie überall da, wo der civilisirte Mensch mit dem reinen Naturkinde zusammentrifft. Wie in Nordamerika die Rothhäute verarmen, verschwinden und umkommen, so in Sibirien die eingeborenen Stämme. Zuerst sinkt ihr Reichthum und ihre sociale Stellung; aus Fürsten werden Dorfälteste, aus reichen Heerdenbesitzern wurzelnagende Bettler. Durch die verschlechterte Nahrung wird die Race schwächer und stirbt zuletzt allmählich aus. Es mag den Philanthropen schmerzen und jeden guten Menschen betrüben, wenn er die Gewaltthätigkeiten und Ungerechtigkeiten der stärkeren Race beobachtet; sie entsprechen aber den Gesetzen der Natur, und aufrichtig muss man bekennen : die herrlichen Altaithäler sind viel zu gut für die Nomaden, die den Reichthum des Landes nicht zu heben wissen..

Damit der Wolf die bei den Jurten in der Nacht lagernden Rinder- und Schafheerden nicht angreifen kann, hält jeder Altajer eine grosse Anzahl Hunde. Weil man diese aber nicht gut füttert, sind sie sehr mager und bissig, so dass es durchaus nicht ohne Gefahr ist, sich allein einer unbekannten Jurte zu nähern. Die wilde Meute stürzt sich auf jeden ankommenden Reiter und begleitet bellend und springend denselben bis zur Jurte. Hier verlässt sie ihn erst und giebt sich zur Ruhe, wenn die Einwohner sie mit Hilfe von Stöcken und Steinen vom Platze verjagt haben. Am Tage streifen die Hunde in der Nähe der Jurten umher und suchen inner- und ausserhalb derselben die spärlichen Speisereste zusammen, die der Mensch fortgeworfen hat; das ist zwar bei den Altajern sehr wenig. In der Nacht umkreisen die Hunde die lagernden Heerden, vor allem die Schafheerden. Oft wird man in der Nacht, besonders häufig im südlichen Altai, aufgeweckt, wenn durch das Herannahen der Wölfe die Schafheerden aufgestört werden. Dann entsteht ein Höllenlärm. Man vernimmt das Getrappel der bei den Jurten vorbeieilenden Schafe, das von einem lauten Gebell und Geheul der ganzen Meute von Hunden begleitet wird; dazwischen ertönt das Schreien und Pfeifen der sogleich die Jurten verlassenden Männer. Nach einiger Zeit legt sich der Lärm, wiederholt sich aber in der Nacht nicht selten drei- bis viermal.