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0315 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 315 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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Die Aermeren liegen in dеn Jurten der Reicheren umher und nähren sich dort, wie es die Verhältnisse erlauben. Die hier aufgezählten Beschäftigungen werden immer umschichtig betrieben. Hat man sich voll gegessen, so steckt man sich die Pfeife an, darauf geht es an's Trinken. Ist kein Branntwein im Hause, so sucht man das Aul des Nachbars auf, wo man diesen Ge-

nuss vorfinden kann. Hier oder im Hause wird tapfer poculirt, geschwatzt, erzйihlt, gesungen, bis die ganze Gesellschaft sich so voll getrunken hat, dass sie kaum mehr aufstehen kann. Dann reiten die weniger Betrunkenen nach Hause, die Uebrigen

i   legen sich die Sättel unter's Ohr, decken sich mit ihren Pelzen

i zu und überlassen sich Morpheus' Armen, um beim Erwachen

~      wieder von vorn, d. h. mit dem Essen zu beginnen. Zum Be-
aufsichtigen der Heerden werden nur die jüngeren Leute ausgeschickt und ausserdem die armen Hungerleider.

Zu gehen versteht der Altajer gar nicht. Sein Gang ist

schleppend, wackelnd und sehr langsam; dazu trägt auch besonders seine ungeschickte Fussbekleidung und der meist vom Gürtel herabhängende Pelz bei. Sobald aber der Altajer zu Pferde steigt, ändert sich seine ganze Körperhaltung. Hier fühlt er sich am Platze, sein Auge wird freier, der Körper reckt sich in die Höhe, es ist, als ob ihm frisches Blut durch die Adern rinne. Pferd und Reiter verschmelzen zu einem Ganzen, und es wird uns bei diesem Anblicke erst klar, wie in der Phantasie der Griechen aus den nördlichen Reitervölkern sich die Centauren bilden konnten.

Der Altajer geht immer von der linken Seite zu seinem

Pferde, daher hisst dasselbe Niemanden sich von rechts nähern. Wenn er sich auf's Pferd setzen will, so fasst er mit der linken Hand zuerst den an dem linken Ringe des Gebisses angebundenen Strick, wickelt sich das Ende desselben einige Mal um die Hand, darauf nimmt er mit derselben Hand die Zügel, setzt den linken Fuss in den Steigbügel und, indem er sich mit der rechten Hand am vorderen Höcker des Sattels hält, schwingt er sich behende auf das Pferd. Im Sattel sitzt er mit dem Oberkörper gerade, die Arme an die Seiten gedrückt und lässt diese selbst beim schnellen Reiten nicht baumeln. Die Steigbügelriemen sind sehr kurz, daher bildet beim Reiter das Kniegelenk

einen rechten Winkel, so dass der Schluss kein fester ist, und der Reiter wie auf einer niedrigen Bank sitzt. Ungeachtet dessen