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0339 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 339 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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einer vollständigen Schmutzkruste überzogen. Wenn die von der Kleidung freien Theile des Körpers weniger schmutzig sind, so ist daran schwerlich so sehr das Waschen schuld (denn ein wirkliches Waschen des Körpers habe ich nie gesehen, es ist immer mehr ein Baden und Kühlen der Haut) als die Hautthätigkeit in freier Luft, die gewiss alle Schmutzansammlungen entfernt. Kleidung, Hausrath, Gefässe, Kessel, Bett, ja die ganze Jurte, starren vor Schmutz und bieten einen ekelerregenden Anblick. Nirgends sieht man eine Spur davon, dass der Altajer diesen Zustand seiner Umgebung herausfühlt. Ja, der Aberglaube gefällt sich darin, den Schmutz und die Unsauberkeit als heilbringend, die Reinlichkeit aber als gefahrvoll zu schildern: Ein Kranker darf sich nicht waschen. Wenn man den Kessel ausspült, so stirbt das Jungvieh. Wenn man die Milchgefässe wäscht, so geben die Kühe weniger Milch u. s. w. Alle diese Regeln werden aber auch genau befolgt. Im Kessel kocht man Thee, dann Fleisch, dann Milch, darauf destillirt man Branntwein, und nach jedem dieser Geschäfte wird nur der Inhalt des Kessels ausgegossen und dieser vor weiterem Gebrauche mit einem Lappen abgerieben, der das Gefäss eher schmutzig als rein macht. Die Milchgefässe kommen nie mit Wasser in Berührung, daher auch die Säuerung der Milch in den Schläuchen ohne jede Zuthat vor sich geht. Ist man gezwungen, altajische Speisen zu geniessen, so thut man immer am besten, dabei die Augen zuzudrücken, denn: „Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss". Beim Trinken des Airan und Tschegän hielt ich stets die Hand in den Napf und schlürfte den zweifelhaften Inhalt durch die Fingerspalte. Dann bleiben der Schmutz und die Haare (Wolle), von denen die Getränke übersättigt sind, stets vor den Fingern und man hat nicht nöthig, sie auszuspeien. Dass die Unreinlichkeit der Altajer nicht nur auf den civilisirten Europäer, sondern auch auf den Asiaten, z. B. einen Kirgisen, ekelerregend wirkt, dies beweist mir eine Scene, die ich im Jahre 1865 südlich von der Kurai-Steppe am Fusse des Berges Tötö erlebte. Wir traten hier in eine Jurte, um ein wenig auszuruhen. Mein Diener, der Kirgise Sapy, bat die Wirthin um einen Trunk. Diese, ein noch junges Weib, griff nach einem neben ihr stehenden gewöhnlichen Holznapfe und wollte Airan eingiessen. Der Mann rief ihr zu, uns ja einen reinen Napf zu geben, denn das lieben die Russen. Sie suchte den Wunsch ihres Mannes zu erfüllen und griff, da

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