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0340 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 340 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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sie zu faul war aufzustehen, nach dem beschmutzten Fellstück, auf dem sie sass, und rieb mit dem Zipfel den Napf sauber, goss dann ein und reichte Sapy den Airan, auf dessen Oberfläche grosse Schmutzstücke, die am Fell gehaftet hatten, umher-schwammen. Sapy sah mit Schrecken auf den Napf, wollte aber den Wirth nicht beleidigen und führte den Trank zum Munde; kaum hatte er ihn nur mit den Lippen berührt, als er sich nicht mehr halten konnte, den Napf zur Erde fallen liess und in's Freie stiirzte, wo ihn ein furchtbares Erbrechen ergriff; er konnte den ganzen Tag nichts essen und fühlte sich noch am anderen Tage unwohl. Man bekommt oft so Haarsträubendes zu sehen, dass der Reisende gar nicht begreifen kann, wie die Leute selbst von alledem nicht berührt werden und über dem Nachgrübeln über dieses psychologische Räthsel den Ekel vor der Handlung vergisst. Es ist etwas ganz Gewöhnliches, dass Frauen mit dem Löffel, mit welchem sie eben die Speise gerührt haben, zwischen Hemd und Rücken fahren und sich den letzteren reiben, oder dass Мädchen und Weiber sich vor unseren Augen das Ungeziefer von den Köpfen suchen. Diese Liebenswürdigkeit geschieht stets gegenseitig. Da die Armen das ganze Jahr hindurch die Pelze auf dem blossen Leibe tragen, so sind diese voller Ungeziefer, welches sie schrecklich quält, und so hat denn der Reisende auf jedem Ruhepunkte die Qual, dem Absuchen der Läuse von den Pelzen beizuwohnen. Manche Leute entwickeln bei dieser Jagd eine grosse Geschicklichkeit; ich habe selbst beobachtet, wie einer meiner Ptihrer in einer Minute 89 Mal einen gliicklichen Fang that. Das Schlimmste ist aber, dass die Leute die Mitbewohner ihrer Pelze zwischen Unter- und Oberlippe einsammeln und nach gethaner Jagd mit der Zunge schnalzend hinunterschlucken. Doch ich will das Bild nicht weiter ausmalen.

Die Trunksucht ist eine so allgemeine Sitte bei den Altajern, dass man Anstand nehmen möchte, sie als ein Laster zu bezeichnen. Im Sommer, wenn die reiche Milchquelle fliesst, ist der halbe Altai stets betrunken, hört aber dieser Born auf, so ist es auch mit dem Sich -betrinken zu Ende. Die Leute trinken sich so gemiithlich, so ungenirt, so geschäftsmässig an, dass man es zuletzt ganz in der Ordnung findet, seine männliche Umgebung mehrmals am Tage im Zustande voller Trunkenheit zu sehen. Das altajische Publikum beachtet die Trunkenen gar