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0341 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 341 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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nicht und sagt höchstens, wenn ein solcher Ungehöriges begeht, achselzuckend: äsärigilä" („er ist ja betrunken!"). In diesen Worten liegt aber durchaus kein Tadel, vielmehr eine volle Entschuldigung. Dabei sind die betrunkenen Altajer sehr selten unruhig und skandalsüchtig, weitaus öfter stillvergnügt und duselig. Diе jungen Frauen und Mädchen trinken nicht, das erlaubt die Sitte nicht, ebensowenig Knaben, ja selbst jüngere Männer sieht man selten, höchstens bei Festlichkeiten, betrunken. Dabei verursacht das Trinken keine Ausgaben, der Milchbranntwein wird nirgends verkauft, so dass sich die Leute durch diesen Genuss nicht zu Grunde richten. Wohl ist aber das allgemeine Trinken auch von wirthschaftlicher Seite sehr schädlich, da es ein eigentliches Erwerben und Vorsorgen für den Winter von Seiten der Männer vollkommen unmöglich macht. Alle Kaimücken lieben den starken Kornbranntwein der Russen, und es ist ein Glück, dass derselbe nicht mehr in den Altai eingeführt wird, denn durch diesen würden die Leute schnell vollkommen zu Grunde gerichtet. Wer sich von den Altajern einmal an den russischen Branntwein gewöhnt hat, ist verloren, der vertrinkt Alles bis auf das letzte Hemd, bei dem wird der Trunk erst zu einem wahren Laster. In dieser Beziehung ist der Einfluss der Saison° und der russischen Beamten heilbringend, da sie das Einführen von Branntwein streng verbieten. Würde es den russischen Kaufleuten erlaubt sein, Branntwein einzuführen, so könnte die ganze altajische Bevölkerung im Laufe einiger Jahre an den Bettelstab gebracht werden.

Ausser der Gier nach Branntwein beherrscht die ganze alta- jische Bevölkerung die Leidenschaft für den Tabak, der theils selbst gebaut, theils von den Russen eingeführt wird (nur die Dwojedaner, die nahe an der chinesischen Grenze leben, haben sich an den chinesischen Tabak gewöhnt und kaufen diesen von den Mongolen). Die Altajer: Mann, Weib, junge Leute, selbst Kinder können ohne Tabak keine Stunde leben, sondern verbringen die Hälfte ihres Lebens mit Rauchen. Ich habe gesehen, wie Mütter den Säuglingen die Pfeife zur Beruhigung in den Mund steckten. Auch entsinne ich mich, einst meinem Jakob in Barnaul fünf Rubel geboten zu haben, wenn er von Mittag bis zum Nachmittagsthee (etwa von 2-5 Uhr) das Rauchen liesse; er hielt es kaum bis 3 Uhr aus, dann kam er zu mir, holte sich seine Pfeife, die ich an mich genommen hatte, und